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Alpinismus in der Bergwelt des Bezirks Liezen
Im Alpinismus finden sich die Wurzeln des Fremdenverkehrs im Bezirk Liezen.
Geschichte
Als Geburtsstunde des Alpinismus wird in der Literatur die Erstbesteigung des Mont Ventoux (1 912 m ü. A.) im Süden von Frankreich am 23. April 1336 durch den Italiener Francesco Petrarca genannt. Wirklich begonnen im Sinne von Erforschung mit Besteigung von Bergen hatte der Alpinismus dann aber erst Ende des 18. Jahrhunderts, Anfang des 19. Jahrhunderts, beispielsweise durch den deutschen Forscher swiki:Alexander von Humboldt[1], der in Südamerika Berge erklomm.

Ganze 47 Gipfel in den Alpen hatten bis um 1600 erst Namen erhalten. Es waren meist Berge, die als Alpenübergänge für den Handel von Bedeutung waren. Schon 1561 war die Bedeutung der Alpen des späteren Österreichs im von Wolfgang Lazius heraus gebrachten Atlas abzulesen: gerade mal ein Gipfel war darin vermerkt, jener des "Glocknerer" (swiki:Großglockner). Wobei man erst nach der swiki:Erstbesteigung des Großglockners erkannte, dass der bis dahin als höchster Berg gehaltene swiki:Kleinglockner um 28 m niedriger ist als jener des Großglockners. Auch Matthäus Merian erwähnte den Glockner 1649 mit Glöckner mons. Dann setzte langsam die Erforschung der Berge ein. Zunächst war es wissenschaftliches Interesse, die Expeditionen auf Berge trieb.
In dieser Zeit führte man genau Buch über alles Gesehenen, wie ein Beispiel von Peter Karl Thurwieser zeigt: " ... und brach 4 Minuten vor 6 Uhr, nachdem sich die Luft von 14°,6 bis 12°,0 R. abgekühlt hatte, gegen die 2 1/2 Stunden südsüdwestlich entlegene Pinneser Alpe auf", notierte er 1836 in seinem Bericht von der Erstbesteigung des Habichts.
Dieses ursprünglich wissenschaftliche Interesse erklärt auch, weshalb gegen Mitte des 19. Jahrhunderts immer häufiger von touristischen Besteigungen die Rede ist. Der Zweck einer (Erst)Besteigung änderte sich dann aber vom rein wissenschaftlichen Interesse hin zu persönlichem Ehrgeiz, sportlichen Motivationen oder einfach dem einsetzenden Bewegungsdrang.
Alpinismus in den Bergen des Bezirks Liezen
Die Anfänge
Nachforschungen im Steiermärkischen Landesarchiv in Graz ergaben, dass schon bald nach der Eröffnung der Ennstalbahn durch das Ennstal 1875 das Dachsteingebirge und die Schladminger Tauern von Bergsteigern oftmals besucht wurden.
Das Abendblatt der Grazer "Tagespost" berichtet z. B. am 10. Jänner 1879 von der Jahreshauptversammlung der Sektion Graz des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereines über "bedeutende Berg- und Gletscherwanderungen" von Mitgliedern und erwähnt den Grazer Baumeister Josef Bullmann, der ausführliche Tourenberichte über die Besteigung des Hohen Dachsteins, des Hochgollings, der Hohen Wildstelle und des Kiesecks vorlegte.

In den Statthaltereiakten des Steiermärkischen Landesarchivs fanden sich Hinweise auf die Anfänge der Autorisierung von Bergführern in der Dachstein-Tauern-Region. Am 22. September 1874 meldete die Bezirkshauptmannschaft Gröbming der k. k. Statthalterei in Graz die Ausfolgung von Bergführerbüchern an Johann Schrempf vulgo Auhäusler in Schildlehen (Ramsau), Johann Simonlechner vulgo Stierer in Ramsau, Zacharias Landl vulgo Marharter in Ramsau und Josef Steiner vulgo Lenzbauer in Ramsau.
Ein interessanter Beitrag zur Schladminger Vereinsgeschichte ergab sich durch eine im Besitz des Autors dieses Beitrags Walter Stipperger befindliche Mitgliedskarte des Österreichischen Touristenklubs. Dieser Ausweis stammt aus dem Jahr 1879 und ist unter der Mitgliedsnummer 2 für den einstigen Besitzer des Gasthofes "Alte Post", Franz Feichter ausgestellt.
Um weitere Hinweise auf die Existenz des Österreichischen Touristenklubs in Schladming zu finden war wiederum eine Nachsuche im Grazer Landesarchiv notwendig, bei der schließlich die Gründungsakten der Sektion Schladming dieses Vereines erhoben wurden. Der "Alte Postwirt" Franz Feichter, der Hammerwerksbesitzer Josef Vasold und Josef Rabl (Beruf derzeit noch unbekannt), richteten am 29. Mai 1879 an die Bezirkshauptmannschaft Gröbming ein Schreiben, mit welchem sie von der Gründung der Sektion Schladming Mitteilung machten. Die Antragsteller wiesen besonders auf den § 2 der Statuten der neu gegründeten Sektion hin; "Förderung des Alpinismus und der Touristik, Erweiterung der Kenntnisse der Gebirgswelt. Hebung des Verkehrs und Erleichterung des Reisens in den österreichischen Gebirgsländern".
Die Gründung der Sektion Schladming wurde am 19. Juni 1879 vom Innenministerium in Wien genehmigt. Erster Sektionsobmann war Friedrich Traugott Kotschy, der von 1878 bis 1882 als evangelischer Pfarrer in der Ramsau wirkte. Die Sektion Schladming des Österreichischen Touristenklubs wurde 1879 als erster alpiner Verein in Schladming gegründet.
Ein alpines Doppeljubiläum
Unter diesem Titel findet man im "Ennstaler" vom 22. Juni 1935 (Nr. 25) auf Seite 10 einen Bericht, der für die Alpingeschichte der Schladminger Tauern von besonderem Interesse ist[2].
Am Pfingstsonntag [Anm: 9. Juni 1935] wurde, wie bereits berichtet, am Giglachsee in den Schladminger Tauern das 30-jährige Bestandsjubiläum der Sektion Wien des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereines und die 25-Jahr-Feier der Erbauung der schönen Schutzhütte am Giglachsee festlich begangen. Die Feier wurde noch dadurch verschönert, dass gleichzeitig die Umbenennung des Schutzhauses in Ignaz-Mattis-Hütte zu Ehren des verdienten Obmannes der Sektion Wien Direktor Ignaz Mattis stattfand.
Die Teilnahme der Festgäste an dieser in über 2 000 Meter Höhe stattgefundenen Feier war groß, dass ein Teil der Gäste auf der Ursprungalm im Preuneggtale übernachten musste. Die offizielle Veranstaltung selbst wurde am Pfingstsonntag um 2 Uhr nachmittags bei der Schutzhütte abgehalten. Der Bürgermeister von Schladming, Oberrevident i. R. Johann Moser würdigte in längerer Rede die tiefe kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung dieser alpinen Feier. Er wies auf die großen Verdienste hin, die sich die Sektion Wien um das Gebiet der Schladminger Tauern erworben hat, wodurch nicht nur der Bergsport tatkräftige Impulse empfing, sondern auch der Fremdenverkehr des Schladminger Gebietes eine rege Förderung erfuhr. Schon bei der Erbauung des Schutzhauses waren außerordentlich große Schwierigkeiten materieller und ideeller Art zu überwinden gewesen, da damals die Landbevölkerung dem Alpinismus noch lange nicht so wohlwollend gegenüberstand, wie heutzutage, wo seine wirtschaftliche Bedeutung allseits erkannt wurde. Besondere Verdienste hat sich hierbei auch Direktor Mattis erworben, der einen erheblichen Teil des Jahres gänzlich mit alpinistischen Angelegenheiten beschäftigt, in Schladming verbringt. Es fällt ihm auch das Verdienst zu, im Vereine mit der Sektion für eine Neuherstellung des Steiges von der Keinprechthütte zum Giglachsee gesorgt zu haben.
Bürgermeister Moser sprach ihm für alle seine uneigennützigsten Bemühungen den herzlichsten Dank aus. Anschließend sprach in Vertretung der Sektion Austria Hofrat Ing. Pichl im gleichen Sinne. Von den zahlreichen Glückwunschansprachen, die in der Folge noch an Direktor Mattis und die jubilierende Sektion gerichtet wurden, sind die Ansprachen des Obmannes der Sektion Schladming, Hellmut Linder, des Bürgermeisters der Gemeinde Rohrmoos, Schrempf und des Vertreters der alpinen Vereinigung "Preinthaler" noch besonders hervorzuheben. Eine gemeinsame Jause vereinigte hierauf die Festgäste noch mehrere Stunden in gemütlichem Beisammensein.
Die Wiener erobern die Ennstaler Alpen
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden mehrere Alpinvereine, der Sitz im Wiener Raum war. Beispielsweise die Alpine Gesellschaft D'Reichensteiner, die Alpine Gesellschaft Ennstaler, die Alpine Gesellschaft Krummholz und die Alpine Gesellschaft Preintaler. Einige dieser Vereine erstellte Wege und betrieben Hütten in den Ennstaler Alpen. Diese waren aus dem Wiener Raum schneller erreichbar als das Dachsteingebirge oder die Ennstaler Alpen. Man reiste am Freitagabend mit dem Nachtzug ins Gesäuse, bestieg Samstag und Sonntag die Gipfel und kehrte mit dem Abendzug am Sonntag wieder nach Wien zurück. In den 1890er-Jahren gab es sogar Vergnügungszüge der österreichischen Staatsbahnen.

Der Erste Weltkrieg unterbrach die Entwicklung des Alpinismus, setzte aber bereits noch 1919 wieder ein. So gab es am 6. August 1919 eine Erstbegehung des Großen Ödsteins, Nordwestkante - "Variante Schlüsselstelle - Horeschowsky-Reich" durch den Wiener Alpinisten Alfred Horeschowsky. In den 1920er- und 1930er-Jahren waren dann vor allem wieder die Ennstaler Alpen das Ziel der Alpinisten aus dem Wiener Raum. Dieser Trend forderte jedoch auch zahlreiche Menschenleben. Allein im Jahr 1931 gab es mindestens elf tödlich verunglückte Bergsteiger in den Ennstaler Alpen.

Alpine Unglücke
Leider gab es auch eine Reihe von alpinen Unglücksfälle. Hier seien einige exemplarisch herausgegriffen, über es im EnnstalWiki Artikel gibt:
- 1924: Die Tamischbachturm-Lawine in Hieflau forderte drei Todesopfer
- 1925:
- Touristenkatastrophe 1925 bei Schneesturm im Gesäuse, sieben junge Wiener Bergsteiger kommen bei einem plötzlich aufgekommenen Schneesturm Ende Juni in den Gesäusebergen ums Leben.
- Das Lawinenunglück bei der Giglachseehütte in der Weihnachtszeit forderte drei Menschenleben, die Weihnachten in der Giglachseehütte verbringen wollten.
- 1954: Heilbronner Dachsteinunglück 1954, durch Leichtsinn von drei Lehrern starben sie zusammen mit zehn Schülern in der Osterwoche auf dem Dachstein.
Weitere EnnstalWiki-Artikel
Der Artikel über die Erstbesteigung des Hohen Dachsteins gibt einen guten Einblick in die Anfänge des Alpinismus in der Ennstaler Region. Auch der Beitrag Mit dem Motorrad auf den Stoderzinken aus dem Jahr 1927 ist eine Form des Alpinismus, der im 21. Jahrhundert mit dem Mountainbike ausgeführt wird.
Erstbesteigungen
- 1817, 28. August: Hochgolling durch Erzherzog Johann
- 1819: erste Dachsteinbesteigung durch den Salzburger Waldjäger Jakob Buchsteiner, der im Auftrag Erzherzog Johanns den Berg ersteigt
- 1822: swiki:Ankogel: Peter Karl Thurwieser mit dem Jäger Christian Ries als erste Touristen am Gipfel, wahrscheinlich aber war der Bauer Patschg bereist 1762 am Gipfel gewesen
- 1879, 28. Juni: Große Bischofsmütze
Weblinks
- www.alpenverein.at, die Geschichte des Alpinismus in den Ennstaler Alpen im Überblick
Quellen
- www.alpenverein.at, Link war bei einer Kontrolle am 23. Jänner 2025 nicht mehr abrufbar
- Heimatkundliche Blätter von Schladming Nr. 27, März 1995, verfasst von Walter Stipperger
- Benutzer:Peter Krackowizer, allgemeine geschichtliche Einleitung und "Die Wiener erobern die Ennstaler Alpen"
Einzelnachweise
- ↑ Verlinkung(en) mit "swiki:" beginnend führen zu Artikeln im SALZBURGWIKI, dem Mutterwiki des EnnstalWikis
- ↑ "Heimatkundliche Blätter von Schladming", Nr. 31, November 1996, verfasst von Walter Stipperger