Kulturlandschaft des Ennstals

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Von der Schaabspitze in Donnersbach fotografiert, zeigt diese Aufnahme viele unterschiedliche Landschaftsformen. Im Hintergrund am Horizont unberührte Naturlandschaft, im Mittelgrund rechts Kulturlandschaft mit Waldrodung, im Vordergrund wieder vermehrter Waldbestand.

Dieser Artikel befasst sich mit der Kulturlandschaft des Ennstals.

Einleitung

Die Landschaft des Ennstals kann durch eine Natur- sowie eine Kulturlandschaft unterschieden werden. Letztere beinhaltet eine vom Menschen geprägte Landschaft, die sich in stetiger Veränderung befindet. Der Mensch formt die Natur, und die Natur formt auch den Menschen. Aus der einzigartigen Verbindung eines jeden Tals mit dem jeweiligen Menschenschlag entstand im Laufe der Jahrhunderte eine Kulturlandschaft. Bätzing bezeichnet die Landschaft als "steten Ausdruck des jeweiligen Mensch-Natur-Verhältnisses".[1] Das Ennstal ist eine solche Kulturlandschaft, die sich, wie viele andere Alpentäler, in einem tiefgreifenden Wandel befindet. Eine klare Grenze zwischen Natur- und Kulturlandschaft gibt es jedoch nicht, sie ist fließend. Eines ist jedenfalls sicher: Das Ennstal wurde stark vom Menschen gestaltet und umgekehrt. Heute besteht die große Herausforderung für viele Alpentäler, und auch ganz sicher für das Ennstal, die Lebensqualität in Zukunft zu erhalten. Viele Interessensgruppen, von Politikern und Bewohnern über Touristiker, bewirken dabei eine durchaus kontrovers geführte Diskussion.[2]

Das subjektive und konstruierte Ennstalbild

Die tausenden Bilder des einen Ennstals

Michaela Landl beim Klettern
Diese bewirtschafteten Flächen sind das Ergebnis jahrhundertelanger harter Arbeit, aufgenommen in Lassing

In der Geographie gibt es sogenannte Raumkonzepte. Sie versuchen eine Einteilung in die verschiedenen Wahrnehmungen von Räumen durch den Menschen. So wird der Raum auch als eine Kategorie der Sinneswahrnehmung bezeichnet, in der es ganz stark um individuelle Wahrnehmung geht. Das Ennstal ist somit für jeden Einzelnen etwas Einzigartiges. Ein Bergbauer sieht womöglich das Ennstal im Eindruck seiner steilen Nutzflächen, die nur mit harter Arbeit jahrhundertelang erhalten blieben. Die steilen Wände des Dachsteins sind für sportliche Naturliebende wahrscheinlich ein typischer Aufenthaltsort im Ennstal. Und in seinem Beruf sieht der Steuerberater das Ennstal durch die Augen seiner unterschiedlichsten Klienten, wodurch vielleicht ein sehr vielschichtiges Raumbild entsteht.

Das konstruierte Ennstalbild

Emotionen spielen dabei natürlich immer eine wesentliche Rolle, und es sind oft exemplarische Bilder, die für den Betrachter den Raum ausmachen. Ohne die individuellen Wahrnehmungen zu vergessen, gibt es gleichzeitig auch den Raum als Konstruiertheit, in der dieser kommuniziert wird. Für das Ennstal kann ein Bild ausgemacht werden, das repräsentativ für diese Landschaft steht.

Es ist der Grimming, der bereits im Mittelalter aufgrund seiner dominierenden und freistehenden Form als Mons Styriae altissimus, der größte Berg der Steiermark gehandelt wurde. Dass er seit Jahrhunderten einen starken Eindruck beim Betrachter hinterlässt, davon zeugen Auseinandersetzungen in Kunst und Kultur, in Form von Ausstellungen, Werken oder Bildern. Das Schloss Trautenfels Universalmuseum Joanneum widmete dem Grimming 2011 eine eigene Ausstellung mit dem Namen "Der grimmige Berg - Mons Styriae altissimus". Die Cover der Bildbände von Erich Hagspiel, Faszination Ennstal sowie Ennstal Impressionen werden vom Grimming eingenommen. Insbesondere das Cover-Bild des letzteren Bildbands zeigt das Ennstal so, wie es sich wahrscheinlich viele exemplarisch vorstellen. Auch die Wirtschaft blieb nicht unberührt. So findet sich der Grimming in vielen Unternehmensdesigns wieder, allen voran in jenem der Ennstal Milch KG. Die jahrhundertelange Auseinandersetzung ist exemplarisch für die Mensch-Umweltbeziehung und führte dazu, dass der Grimming unzertrennbar mit dem Ennstal verbunden ist.[3] Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass diese Bilder selten unberührte Naturlandschaften zeigen. Die Nutzflächen am Hang sind von Bauern geschaffen worden, die Dachsteinwände wurden durch Haken kletterbarer gemacht und Hagspiels Bild vom Grimming zeigt den Berg mit grünen Wiesen, die es erst durch die Besiedelung des Menschen hier gibt. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Kulturlandschaft eine wesentlich stärkere Rolle in der Wahrnehmung des Menschen einnimmt.

Die Grundsteinlegungen der Ennstaler Kulturlandschaft

Zeichnungen in der Notgasse - erster zaghafter Eingriff in die Naturlandschaft

Die Jäger und Sammler waren auch im Ennstal unterwegs, doch zeugen von dieser Zeit nur wenige Funde, wie bspw. die Felsbilder in der Notgasse. Erst mit der Sesshaftwerdung im Zuge der neolithischen Revolution greift nun der Mensch wesentlich in das Landschaftsbild ein. Da das Ennstal zunächst durch die dichte Waldbedeckung und die Hochwassergefahr zu den Ungunstlagen der Alpen gehört, findet die Besiedelung später als in vielen anderen Gebieten der Alpen statt. (Insbesondere der südliche Rand der Alpen) Möglicherweise beginnt ca. 2000 v. Chr. im breiten Talbereich um das Schloss Trautenfels die erste, zaghafte Werdung zur Kulturlandschaft.[4]

Einhergehend mit der Besiedelung muss die Kenntnis zur Metallverarbeitung genannt werden, weil durch die verbesserten Lebensbedingungen die Menschen nun auch in ungünstigere Lagen wie das Ennstal vordringen. Es beginnt die lange Tradition des Bergbaus in diesem Tal. Holz konnte dafür gut verwendet werden, welches durch Brandrodungen erwirtschaftet wurde. Zugleich bieten sich nun Weideflächen an, die landwirtschaftlich genutzt werden konnten. Der Kupferbergbau fand meist über 2 000 Meter statt, da dort die Gesteine meist offen lagen. Natürlich mussten die vielen Bergarbeiter versorgt werden, wodurch der Bergbau eng mit der lokalen Landwirtschaft verbunden war. Der Handel wuchs, entsprechende Infrastruktur wurde erbaut und die Landwirtschaft dehnte sich auf die günstigen Südhänge aus. Der Boden war immer noch sehr sumpfig. Eisenerz löste Kupfer ab, und insbesondere die Salzgewinnung mit ihren Zentren Hallstatt und Dürrnberg bei Hallein strahlte auch auf das Ennstal aus.[5]

Beginn der Selbstversorgerwirtschaft – Ackerbau und Almwirtschaft

typische Erscheinungsform einer germanischen Kulturlandschaft: im Tal befinden sich die Dauersiedlungen, während in den oberen Höhenstockwerken die Almwirtschaft betrieben wird. Aufgenommen im Pürgschachener Moor, Blick nach Ardning und die Ardningalm

Im Ennstal entwickelte sich die Selbstversorgerwirtschaft, die im Gegensatz zur Transhumanz, Ackerbau und Viehwirtschaft im gleichen Raum betreibt. Charakteristisch dafür ist die verschiedene Nutzung der Höhenstufen. So wird in der collinen und montanen Stufe, also im Tal, Ackerbau betrieben, während die subalpine und alpine Höhenstufe für die Almwirtschaft genutzt wird. Der Dauersiedlungsraum im Ennstal befand sich also im Tal, vorrangig an den Schwemmkegeln und Berghängen insbesondere mit südlicher Ausrichtung, während sich oben auf den Bergen weite Almflächen befanden.[6]

Da der Winter seit jeher schwer war, mussten die Bauern in den warmen Monaten so viele Lebensmittel produzieren, um damit über den Winter zu kommen. Für die Ackerwirtschaft war der Bereich im Tal sehr klein, die klimatischen Bedingungen jedoch wesentlich länger günstig als in den höheren Stufen. Das Ennstal liegt jedoch im kontinental geprägten Ostalpenteil, der durch niedrige Temperaturen und eine geringere Sonnenscheindauer gekennzeichnet ist. Dies sind ungünstige Faktoren für den Getreideanbau, der trockene Sommer lieber mag. Der Ackerbau muss stets ein großer Sorgenfaktor für die Ennstaler gewesen sein. Der Arbeitseinsatz war enorm hoch und ein einziges Hagelereignis konnte die ganze Ernte zunichtemachen.[7]

Die Almgebiete waren eigentlich relativ unproduktiv, da sich die nutzbaren Tage oft auf weniger als 100 im Jahr beschränkten. Um diesen Umstand wettzumachen, wurden die Almflächen deshalb auf einem sehr großen Gebiet genutzt. Für das Ennstal ist schwer festzumachen, wann diese systematische Almwirtschaft begann. Belegt ist sie jedenfalls seit Ende des 6. Jahrhunderts. Um die Lebensmittel, die in der kurzen Zeit des Almsommers produziert werden, haltbar zu machen, wurde der Käse geschaffen. Die Almwirtschaft war seit jeher sorgenfreier als die Talarbeit und unersetzbarer Bestandteil der Bauernexistenz. Genutzt wurden Flächen primär in den Zentralalpen, bedingt durch sanfte Formen und tiefere Böden. Die kargen Böden in den Nördlichen Kalkalpen stellten schwierigere Bedingungen dar.[8]

Aufbruch im Mittelalter

Ab dem 10. Jahrhundert finden im Alpenraum mit dem hochmittelalterlichen Siedlungsausbau große Veränderungen statt. Eine Warmzeit und die einstweilige Friedenszeit verstärken die Ausweitung der landwirtschaftlichen Nutzflächen, auch im Ennstal. Ein Aufschwung im Bergbau, Handel und Gewerbe gehen damit einher. Das Ennstal ist ohnehin als Teil der nördlichen Längstalfurche schon immer verkehrsbegünstigt gelegen.[9]

Der Dorfcharakter ist für den speziellen Charme der Ursprungalm maßgebend.

Zu dieser Zeit gab es bereits die alten Almen, die ähnlich wie die zugehörigen Siedlungen in Almdörfern erbaut wurden und beinahe sämtliche Weideflächen oberhalb der Waldgrenze für sich in Anspruch nahmen. Die Ursprungalm ist ein Almdorf dieser Art, und gilt als die älteste urkundlich erwähnte Alm im oberen Ennstal. Einzeln erbaute Almhütten sind für diese Form charakteristisch. Nun wurden für die neuen Almen Gebiete in der oberen Waldgrenze gerodet. Grundsätzlich ist die Waldgrenze von klimatischen Faktoren abhängig. Lawinen und andere Naturdynamiken können diese Grenze verändern. Doch insbesondere hat der Mensch die Waldgrenze vor allem durch Almrodungen nach unten hin verändert. Die Almflächen werden besonders aus dem Grund ausgebaut, weil das Ennstal noch immer einen Ungunstraum für die Ackerwirtschaft darstellt. Der Ackerbau wird zwar betrieben, aber die Viehwirtschaft nimmt immer größeren Raum ein.[10]

Wo Ackerbau noch betrieben wird, ist es größtenteils auf den Schwemmkegeln, die für diese Form der Landwirtschaft gute Böden bieten. Denn das durch Lawinen ins Tal transportiere Material ist ein Dünger für die Böden. In den Talauen, die heute im Ennstal stark genutzt werden, tat sich nur wenig. Sie waren noch immer zu feucht und bedrohlich.[11]

Diese ganzen Entwicklungen wurden im 14. Jahrhundert von der Pest gebremst, die auch das Ennstal heimsuchte. Auch das Ende der Warmzeit beendete nun diesen dynamischen Prozess der letzten Jahrhunderte. Für den ganzen Alpenraum kann aber gesagt werden, dass die fundamentalsten Richtlinien für Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft in dieser Zeit gelegt wurden.[12]

Die Forstwirtschaft hat im Ennstal lange Tradition, Aufnahme um 1920.

Dennoch, auch wenn der wirtschaftliche Höhepunkt der vorangegangenen Zeit nicht wieder erreicht werden konnte, wurde im Ennstal durch den Bergbau der Wald derart gerodet, dass sogar Waldschutzverordnungen eingeführt wurden. Die Forstwirtschaft wurde ein wichtiger Wirtschaftszweig und stand stets im Interessenskonflikt mit der Almwirtschaft.[13]

Die Kulturlandschaft der Almen

Hauptartikel: Almwirtschaft
Hauptartikel: Almen im Schladmingtal

Grundsätzlich konnten die Almen in Bewirtschaftungsstufen eingeteilt werden. Unten wurden die Kühe gehalten, danach kamen Rinder und in den obersten Höhen grasten die Schafe. Gerade das Ennstal ist durch seine Schafwirtschaft bekannt. Heute gibt es deshalb die Marke Genuss Region Ennstal Lamm, die auf Jahrhunderte alte Tradition zurückgeht. Die regelmäßige Weidetätigkeit der Tiere verursachte eine Verdrängung von dominierenden Pflanzen, wodurch schwächere Pflanzen vermehrt wuchsen. Solche haben einen besseren Futterwert. Zusätzlich wurde die Artenvielfalt um ein Vielfaches erhöht. Saftige Almwiesen waren das Ergebnis. Wer genauer hinschaut, wird merken, dass die Wiesen rund um die Almhütten anders aussehen. Dies liegt daran, dass der Dung der Rinder und Kühe, die bei der Almhütte übernachten, die Böden überdüngt. Man spricht auch von "Lägerflora" oder "Lägerflur", die lediglich aus ein oder zwei Arten besteht, vorrangig aus dem bekannten Alpenampfer. Durch die regelmäßigen Weidegänge verändern die Tiere auch das Relief. Schafe bspw. verursachen schmale, höhenlinienparallele Strukturen. Dies hat durchaus einen positiven, stabilisierenden Effekt. Rinder und Kühe hingegen sind wesentlich schwerer, wodurch die ebenfalls entstehenden Wege, die sogenannten Viehgangeln entstehen. Diese sind jedoch teilweise so flächenübergreifend, dass sie destabilisierend für die Hänge wirken. Sie können derart ausgetreten werden, dass auf diesen Flächen keine Vegetation mehr wachsen kann, wodurch die Erosion zusätzlich stark verstärkt wird. Der Mensch griff selbst auch ein, um die Almflächen zu erhalten. Das Schwenden bezeichnet die Entfernung von größeren Pflanzen am Waldrand, um ein Wachsen des Waldes zu verhindern. Betrachtet man nun eine Almlandschaft beim Wandern, so betrachtet man kaum mehr eine schon immer dagewesene natürliche Landschaft. Vielmehr sind gerade die Almen ein exzellentes Beispiel einer Kulturlandschaft.[14]

Der Ennstalboden und die Ennsregulierung im 19. Jahrhundert

Hauptartikel: Ennsregulierung

Der Ennstalboden war bis ins 19. Jahrhundert wohl der Bereich, der den Ennstalern am meisten Sorge bereitete. Schon in der Römerzeit war es schwierig, den oft überschwemmten Talboden zu durchqueren. Es galten die Schwemmkegel mit den Dauersiedlungen als sicherste Route. Im 19. Jahrhundert erfolgt aufgrund der technischen Weiterentwicklung im Zuge der industriellen Revolution in allen größeren Alpentälern die Regulierung der Flüsse. Im Ennstal geschah dies konkret von 1863 bis 1870. Es ist im Sinne einer Kulturlandschaft ein sehr intensiver Eingriff des Menschen. Von nun kann gesagt werden, dass auch der Ennstalboden zur Kulturlandschaft übergegangen ist und seine für uns typische Gestalt einnimmt. Heustadeln und Felder gehören nun zum Alltagsbild des Tales. Die Folge dieser Regulierung sind neben landwirtschaftlichen Flächen insbesondere die Erschließung durch den Verkehr.[15]

Die verkehrstechnische Erschließung - das moderne Zeitalter

Vor dem industriellen Zeitalter gab es den Saumverkehr, der auch über steile Pässe und Seitentäler stattfand. So war der Sölkpass schon seit Römerzeit ein Verkehrsweg. Derart steile Saumwege konnten mit neuen Verkehrsmitteln jedoch nicht befahren werden. Dies war das Ende für viele Saumwege, der Sölkpass blieb jedoch erhalten und wurde wie andere Beispiele zu Fahrstraßen ausgebaut. Die neuen Fuhrwerke und später auch die Pkw konnten keine starken Steigungen meistern, wodurch nun viele Serpentinen gebaut wurden. Solche Fahrstraßen haben einen enormen finanziellen Aufwand. Die Ramsauer Straße wurde bspw. von 1908 bis 1909 erbaut. Schon damals wurde über die zunehmende Verkehrsbelastung diskutiert.[16]

Barbara Stangel, Gesicht der Anti-Transit- und Naturschutzbestrebungen im Ennstal

Im Anschluss folgten die Autostraßen, wie wir sie heute kennen. Für das Ennstal ist die Ennstal Straße zu nennen. Die Autostraßen sind derart angelegt, um hohe Geschwindigkeiten zu gewährleisten. Das bedeutete jedoch, dass sie sich immer weniger an das Relief anpassen. Es war ein zunehmender Eingriff in die Landschaft.[17]

Die Eisenbahn stellt sicherlich einen wichtigen Eckpunkt in der Geschichte des Ennstals dar. Eng mit der Geschichte der Eisenbahn ist die junge Gemeinde Selzthal verknüpft, die aufgrund ihrer geeigneten Lage zum Bahnhofsknotenpunkt erbaut wurde. Von dort gibt es Zugverbindungen nach Linz, Amstetten, Graz und weiter nach Salzburg. Wie stark und schnell der Mensch in die Landschaft eingreifen kann, zeigt die Entwicklung Selzthals im 19. Jahrhundert sehr gut.

Heute stellt der Verkehr im Allgemeinen ein großes Problem für das Ennstal dar. Die verkehrsgünstige Lage der nördlichen Längstalfurche wird hier gleichzeitig zum Problem. Natürlich spielt neben dem Transitverkehr (der jedoch im Laufe der Jahrzehnte zurückgegangen ist) auch der Eigenverkehr eine wesentliche Rolle. Gerade im ländlichen Raum ist ein Pkw oft Voraussetzung für die Teilhabe am Leben. Die hohe Verkehrsbelastung, die durch die naturräumlichen Bedingungen der Berge zusätzlich noch verstärkt wird, ist allgemein ein Charakteristikum für viele Alpentäler.[18]

Die bereits erwähnte Ennstal Straße ist vom hohem Verkehr und hoher Unfallhäufigkeit stark betroffen, weshalb lange Zeit über den Ausbau diskutiert wurde. Die Diskussion wurde emotional geführt, da sich Gegner der Ausbauidee formierten. Gerade die Ennstaler Kulturlandschaft ist unter dem Aspekt des Verkehrs durch die beengte Lage äußerst empfindlich. So gibt es die Bürgerinitiative Schönes Ennstal, die 1982 gegründet wurde und die sich für den Schutz von bestimmten Naturgebieten des Ennstals einsetzt. Die Debatte um die Ennstrasse zeigt deutlich, wie oft es zu Interessenskonflikten innerhalb einer Kulturlandschaft kommt. Natürlich kommt der emotionale Aspekt in dieser Thematik dazu, wenn es darum geht, die heimatliche Landschaft nachhaltig erhalten zu wollen.

Der Fremdenverkehr

Der Fremdenverkehr, ein Sektor, der in den letzten Jahrzehnten immer wichtiger für die Region geworden ist, steht im engen Verhältnis zur Natur- und Kulturlandschaft. Er profitiert einerseits von ihnen, andererseits greift er wesentlich in sie ein. Dies kann insbesondere für den Winterfremdenverkehr gesagt werden. Ein Trend zur Spezialisierung im Fremdenverkehr, also touristische Monostrukturen, gefährden den Charme der Landschaft, weshalb sich gerade hier eine starke Ambivalenz herauskristallisiert.[19] Für das Beibehalten der Kulturlandschaft ist jedoch ein bewusstes Handeln der Menschen nötig und hier zeigen sich die Herausforderungen der Zukunft.

Der Aspekt der Ästhetik

Man kann von einer kleinräumigen Struktur in der Landschaft sprechen, da es naturräumlich viele Unterschiede gibt, die der Mensch dementsprechend nutzt. So wirkt auch die Ennstaler Kulturlandschaft durch seine Vielfalt sehr ästhetisch und interessanter als es möglicherweise die Naturlandschaft war. Dieser ästhetische Aspekt spielt für den Tourismus eine wesentliche Rolle. Er profitiert im Wesentlichen von dieser Kulturlandschaft, weshalb es auch in seinem Interesse stehen muss, diese Kulturlandschaft auch zu erhalten.[20]

Von der Schaabspitze in Donnersbach fotografiert, zeigt diese Aufnahme viele unterschiedliche Landschaftsformen. Im Hintergrund am Horizont unberührte Naturlandschaft, Im Mittelgrund rechts Kulturlandschaft mit Waldrodung, im Vordergrund wieder vermehrter Waldbestand.

Der Skifremdenverkehr als Charakteristikum für den Eingriff in die Landschaft

Insbesondere der Skifremdenverkehr greift aufgrund der Pistenbauten stark in die Landschaft ein und verändert diese nachhaltig. Heute sind wir den Anblick einer Planai oder eines Hauser Kaiblings gewohnt, einige Jahrzehnte zuvor sah die Landschaft noch anders aus. Die beiden Bilder sollen den direkten Vergleich der Planai bieten. Stark ersichtlich sind der aktuelle verringerte Waldbestand und die Pistenschneisen bis in den Gipfelbereich.

Veränderung - positiv oder negativ?

Es stellt sich die Frage, ob diese Veränderungen nun als negative oder positive Entwicklung anzusehen sind. Grundsätzlich wird Kulturlandschaft dann wertvoll, wenn sie selten ist. Selten sind solche Skiberge nicht, doch stellen sie auch nicht die Mehrheit in der Region dar. Problematisch wird es jedenfalls, wenn diese Entwicklungen den Charme des Ennstals gefährden würden. Denn dann würde auch der Fremdenverkehr selbst darunter leiden.

Eine positive Zukunftsvision wäre sicherlich die Beibehaltung der schon angesprochenen Vielfältigkeit unserer Region. So sollte man Naturlandschaften auch als Naturlandschaften belassen und sich auf die typischen Konzentrationspunkte wie die Skiberge, die an das Haupttal angrenzen, konzentrieren. Das gleiche gilt auch für den Dachstein, dessen Entwicklung bis heute ja so ist, dass sich hier zwar eine starke Konzentration, möglicherweise auch Belastung, durch extrem hohe Besucherzahlen und viele Attraktionen ergibt, aber diese Konzentration sich zumindest um den Gipfel- und Bergstationsbereich begrenzt.

Dass die Akteure im Fremdenverkehr und in der Politik nicht untätig bleiben, sollte auch erwähnt werden. In diesem Sinne kann die Schladming 2030 GmbH erwähnt werden, die sich für einen nachhaltige Entwicklung der Region einsetzt, ohne dabei den ökologischen Aspekt zu vergessen. Es bleibt spannend, wie sich solche Bemühungen in Zukunft erkennbar zeigen werden.

Schladming als Beispiel für die Bautätigkeit im Fremdenverkehr

Rund um die FIS Alpine Ski WM 2013 Schladming wurden auch einige Gebäude errichtet. Großveranstaltungen wie diese stehen stets in einer Wettkampfsituation, was sich auch negativ auf die nachhaltige Bauweise auswirken kann.[21] Für Schladming gilt dies zum Teil auch.

Die Hohenhaus Tenne als negatives Architekturbeispiel des Ennstaler Tourismus

Als Positivbeispiel sind Congress Schladming und das Falkensteiner Hotel Schladming zu nennen, die sich gut in das Ortsbild einfügen. Über den Baustil des Planet Planai könnte so mancher streiten. Man kann es aber durchaus als gelungenes Bauwerk des 21. Jahrhunderts bezeichnen.

Kritikwürdig sind jedenfalls das neu errichtete Servicedeck Planai-Stadion, insbesondere in seiner Maßstäblichkeit, sowie die Hohenhaus Tenne, die in ihrer Gestaltung nichts von der regionalen Architektur bietet und schlichtweg als Gebäude des Lederhosen-Stils bezeichnet werden kann. Dem Besucher wird mit diesem Gebäude eventuell fälschlicherweise der Eindruck vermittelt, dass es sich hier um ein authentisches Beispiel der Ennstaler Architektur handelt. Derartige Bauten sind als negativ für die Kulturlandschaft anzusehen.

Quellen und Einzelnachweise

  1. http://www.uibk.ac.at/geographie/projects/kls/beschreibung/landschaftsbegiffe/kulturlandschaft.html ; BÄTZING (1992): Die Alpen: von der bäuerlichen Kulturlandschaft zur Freizeit-, Techno-, National- und aneren Parks? In: Anthos: Zeitschrift für Landschaftsarchitektur, 31, 2, S. 34-37.
  2. BÄTZING (2005): Bildatlas Alpen: Eine Kulturlandschaft im Portrait, S. 7.
  3. http://www.museum-joanneum.at/upload/file/Der_grimmige_Berg.pdf
  4. PÜRCHER (2000): Erlebnis Ennstal und Schladminger Tauern, S. 18; BÄTZING (2015): Die Alpen: Geschichte und Zukunft einer europäischen Kulturlandschaft, S. 48-50.
  5. PÜRCHER (2000): Erlebnis Ennstal und Schladminger Tauern, S. 18-19; BÄTZING (2015): Die Alpen: Geschichte und Zukunft einer europäischen Kulturlandschaft, S. 50-51.
  6. HÄNSEL Volker, Vom Leben auf der Alm. Kleine Schriften des Landschaftsmuseums Schloß Trautenfels am Steiermärkischen Landesmuseum Joanneum Heft 12. Trautenfels 1988, S. 7-14; BÄTZING (2015): Die Alpen: Geschichte und Zukunft einer europäischen Kulturlandschaft, S. 51-55.
  7. HÄNSEL Volker, Vom Leben auf der Alm. Kleine Schriften des Landschaftsmuseums Schloss Trautenfels am Steiermärkischen Landesmuseum Joanneum Heft 12. Trautenfels 1988, S. 7-14; BÄTZING (2005): Bildatlas Alpen: Eine Kulturlandschaft im Portrait, S. 51-55.
  8. HÄNSEL Volker, Vom Leben auf der Alm. Kleine Schriften des Landschaftsmuseums Schloß Trautenfels am Steiermärkischen Landesmuseum Joanneum Heft 12. Trautenfels 1988, S. 7-14; BÄTZING (2015): Die Alpen: Geschichte und Zukunft einer europäischen Kulturlandschaft, S. 51-55.
  9. BÄTZING (2015): Die Alpen: Geschichte und Zukunft einer europäischen Kulturlandschaft, S. 60-61.
  10. BÄTZING (2015): Die Alpen: Geschichte und Zukunft einer europäischen Kulturlandschaft, S. 51-55; BÄTZING (2005): Bildatlas Alpen: Eine europäische Kulturlandschaft, S. 69; HÄNSEL (1998), Vom Leben auf der Alm. Kleine Schriften des Landschaftsmuseums Schloß Trautenfels am Steiermärkischen Landesmuseum Joanneum Heft 12. Trautenfels, S. 7.
  11. BÄTZING (2005): Bildatlas Alpen: Eine europäische Kulturlandschaft, S. 70;
  12. PÜRCHER (2000): Erlebnis Ennstal und Schladminger Tauern, S. 23; BÄTZING (2015): Die Alpen: Geschichte und Zukunft einer europäischen Kulturlandschaft, S. 69-70.
  13. HÄNSEL (1998), Vom Leben auf der Alm. Kleine Schriften des Landschaftsmuseums Schloß Trautenfels am Steiermärkischen Landesmuseum Joanneum Heft 12. Trautenfels, S. 11.
  14. BÄTZING (2015): Die Alpen: Geschichte und Zukunft einer europäischen Kulturlandschaft, S. 88-92.
  15. PÜRCHER (2000): Erlebnis Ennstal und Schladminger Tauern, S. 25.
  16. BÄTZING (2015): Die Alpen: Geschichte und Zukunft einer europäischen Kulturlandschaft, S. 139-140.
  17. BÄTZING (2015): Die Alpen: Geschichte und Zukunft einer europäischen Kulturlandschaft, S. 143-144.
  18. BÄTZING (2015): Die Alpen: Geschichte und Zukunft einer europäischen Kulturlandschaft, S. 139.
  19. BÄTZING (1992): Die Alpen: von der bäuerlichen Kulturlandschaft zur Freizeit-, Techno-, National- und aneren Parks? In: Anthos: Zeitschrift für Landschaftsarchitektur, 31, 2, S. 34-37.
  20. BÄTZING (2015): Die Alpen: Geschichte und Zukunft einer europäischen Kulturlandschaft, S. 101.
  21. HALL (2011): Sustainable Mega-Events and Regional Development. In: Institut für Geographie und Raumforschung (Hg.): Nachhaltigkeit – Regionalentwicklung – Tourismus. Festschrift zum 60. Geburtstag von Friedrich M. Zimmermann. Graz: Universität Graz (380), S. 47-62.