Bergsteigerfriedhof Johnsbach

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Bergsteigerfriedhof Johnsbach
Grabbild
Schilder aufgelassener Gräber
Kirche
Johnsbachfriedhof2127.jpg

In der Mitte des Ennstaler Gesäuses liegt der Bergsteigerfriedhof von Johnsbach, der zu den denkmalgeschützten Objekten in der ehemaligen Gemeinde Johnsbach (heute Marktgemeinde Admont) zählt.

Geschichte

Der größte Bergsteigerfriedhof der Welt – ein trauriger Superlativ: 83 Alpinisten wurden hier begraben, weitere 24 Alpinisten, deren Gräber bereits aufgelassen sind sowie die Gräber von 59 Verstorbenen sind noch erhalten. Der Friedhof wurde so angelegt, dass man über den im Tal reichenden Kirchengrat in einer Linie zum Großen Ödstein sieht.

Nicht näher angeführt sind jene Einheimischen, die als Holzknechte, Gamstreiber oder Schafhalter bei Arbeitsunfällen in den vergangenen 200 Jahren in den Bergen verunglückten. Auch einheimische Bergretter haben hier ihre Ruhe gefunden und sind nun in der Nähe jener Bergtoten begraben, die mühsam und unter großer Gefahr aus den Felswänden des Gesäuses geborgen wurden. Die Inschriften auf den Grabsteinen können einiges erzählen: von tödlichen Wetterstürzen, von Steinschlag, Blitzgefahr und Absturz.

Die Toten in den Gräbern wurden jung aus ihrem Bergsteigerleben herausgerissen. Ein ruhiger, besinnlicher Gang durch die Gräber.

An den Gräbern der Abenteurer

Ein Beitrag in den swiki:Salzburger Nachrichten[1] von swiki:Franz Taferner in der Ausgabe vom 31. Oktober 2020

Der Bergsteigerfriedhof von Johnsbach. Beinahe 300 zumeist junge Kletterer ließen im Gesäuse zu Pionierzeiten des Alpinismus ihr Leben.

Über Felswände in den Tod gestürzt, an Erschöpfung verstorben, in eisiger Kälte erfroren, von herabstürzenden Steinen erschlagen, vom grellen Blitz eines Gewitters getötet - die Pionierzeit des Alpinismus hat in den Bergen des Gesäuses schreckliche Spuren hinterlassen. An die 300 Kletterer, durchwegs junge Männer, haben in diesem steirischen Gebirge zwischen Admont und Hieflau ihr Leben gelassen.

In einem Seitental zur Enns liegt das Örtchen Johnsbach, ganz klein gebückt am Fuß des Reichensteins, in direkter Nachbarschaft zum gezackten Ödstein. Gerade einmal 200 Menschen leben dort. Rund um seine kleine Kirche, etwas abseits der Siedlung, ganz nah am Waldrand errichtet, ist eine ganz besondere Ruhestätte angelegt: der Bergsteigerfriedhof.

"Er ist der größte seiner Art in Österreich und einer der bedeutendsten der Welt", erklärt Professor Josef Hasitschka. Der Historiker hat über diesen stillen Platz mit seinen Gräbern ein kleines Büchlein verfasst. Der Bergsteigerfriedhof in Johnsbach ist in einem Atemzug mit den Friedhöfen in Zermatt (Matterhorn) zu nennen, wo 113 Bergsteiger begraben sind, und mit jenem in Chamonix, wo die Toten, die am Mont Blanc gescheitert sind, zur Ruhe gebettet wurden.

Mit dem ausgehenden 19. Jahrhundert wurde das Gesäuse von vielen jungen Bergsteigern als hochalpines Kletterparadies entdeckt. Sie kamen oft aus den Städten, besonders aus Wien, um hier die schwierigsten Routen zwischen Ödstein und Planspitze zu bezwingen. "Die Universität des Bergsteigens" wurde das Gesäuse in diesen Kreisen genannt. Der Friedhof bei der Kirche in Johnsbach, auf dem bis dahin neben den örtlichen Bauernfamilien Sennerinnen, Jäger und Holzfäller, die in den Gesäusebergen ihr Leben lassen mussten, beerdigt wurden, bekam in dieser Zeit bald eine besondere Funktion: Verunglückte Bergsteiger wurden damals nicht in ihre Heimatstädte "überführt", sondern wurden vor Ort begraben. Dort, wo sie ihr Leben gelassen hatten. So hat der Friedhof in Johnsbach viele Bergsteiger in seiner Erde aufgenommen.

1885 trugen einheimische Helfer die ersten Opfer vom Reichenstein herunter und betteten sie zwischen den Gräbern der Johnsbacher Bauern zur ewigen Ruhe. Zur Jahrhundertwende, so schreibt Josef Hasitschka, waren sieben "Touristen" hier begraben. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs 1918 waren es bereits zwanzig. Danach folgte die Sturm- und Drangzeit der städtischen Jugend auf die Berge im Gesäuse. Wild und ungestüm eroberten vor allem Hauptstädter die Wände hoch über der Enns. Die Risikobereitschaft war groß und forderte immer mehr Opfer. Im Jahr 1928 lagen bereits 48 Kletterer in der Erde dieses Friedhofs. Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs lagen 70 Bergtote hier begraben.

Ab den Fünfzigerjahren wurden die Opfer zwar in der Johnsbacher Leichenhalle aufgebahrt, danach aber immer häufiger in ihre Heimatorte überführt. Nur noch 17 Mal gaben die Pfarrer des Ortes Bergtoten ihren letzten Segen.

49 Bergsteigergräber gibt es heute in Johnsbach. In ihnen sind 59 Menschen begraben. Weitere 24 Alpinisten, deren Gräber aufgelassen sind, ruhen auf diesem Friedhof. Dazu kommen Gedenktafeln, auf denen Bergtote verewigt sind, die ebenfalls im Gesäuse ums Leben gekommen waren. "Unser Bergsteigerfriedhof soll eine friedliche und tröstliche Erinnerungsstätte sein", sagt Ludwig Wolf, der einmal Bürgermeister des kleinen steirischen Ortes war.

Grabsteine und Kreuze am Bergsteigerfriedhof in Johnsbach folgen keiner behördlichen Ordnung. Sie durften so gestaltet werden, wie es die trauernden Familien für gut hielten. Daraus entstand eine friedhöfliche Vielfalt an Stilrichtungen und Inschriften, die diese Ruhestätte heute besonders ausmacht. Vor allem Naturstein-Monolithe sind zu finden, zumeist in einer Platte mit Inschrift eingelassen. Und natürlich weisen viele Attribute auf die Berge hin - Almblumen aus Metall, Seil und Pickel, Haken und Karabiner zieren die Gräber. Oft sind die Verunglückten durch Medaillons mit Portraits verewigt. In vielen Fällen verrät das Grab auch die Unglücksursache, von Steinschlag über Absturz bis hin zu Wettersturz und Blitzschlag.

Zur Besonderheit der Bergsteigergräber in Johnsbach zählen auch Sinnsprüche, die Trauer und Klage von Eltern verraten, aber auch Hoffnung und Wiedersehen versprechen. So ist auf dem Grab von Konrad Reifschneider ein Vers von Rainer Maria Rilke zu lesen: "Ach der zu wissen begann und schweigt nun, ausgesetzt auf den Bergen des Herzens." Und am Grab von Franz Gössnitzer liest der Besucher: "Zur Mutter Erde gingst du still nach Haus, um auszuruhn vom letzten schweren Gang. Doch deine Seele jauchzend flog hinaus - ins Sonnenglück hoch über Grat und Hang."

"Unser Bergsteigerfriedhof ist keine makabre Gedenkstätte der Abgestürzten, sondern ein Ort, an dem der Bergkamerad durch unsere Erinnerung immer wieder lebendig wird", ist Ludwig Wolf überzeugt.

Zwei Freunde

Am 23. Oktober 1921 stiegen die beiden Freunde Karl Winter und Karl Schwarz, beide aus Linz und 18 Jahre jung, in die Südwand des Kleinen Buchsteins. Sie kamen nicht mehr zurück. Auch alles Nachsuchen blieb erfolglos. Erst im Frühjahr des nächsten Jahres wurden ihre Leichen gefunden.

Todessturz beim Hilfeholen

Herbert Löffler (24) aus Wien und Camillo Schneider (22) aus Graz kletterten am 28. Juni 1925 mit Marie Winter in der Planspitze-Nordwand, als sie von einem Unwetter überrascht wurden. Die Frau war bereits durch Steinschlag verletzt. Also beschlossen die zwei Bergsteiger, abzusteigen, um Hilfe zu holen. Bei der Krummholzstufe stürzten beide dabei tödlich ab. Die Frau wurde am nächsten Tag von Bergungskräften gerettet.

Zwei Brüder

Karl Mühlner (23) und sein Bruder Franz, drei Jahre älter, stürzten am 13. August 1933 in der Peternschartenkopf-Nordwand ab. Karl fand dabei den Tod, Franz kam mit leichten Verletzungen davon. Drei Jahre später, am 15. August 1936, stieg Franz Mühlner mit drei Begleitern in die Südwand des Hexenturmes ein. Dort stürzte auch er tödlich ab. Beide Brüder liegen in geweihter Erde in Johnsbach.

Leben für Braut geopfert

Walter Stadler (33) aus Wien gehörte zu den besten Bergsteigern seiner Zeit. Zu Pfingsten 1936 kletterte er mit seiner Braut Angela Roth-Tilgener in der Roßkuppenkante. Ein Wettersturz zwang die beiden zu biwakieren. Als das Unwetter immer heftiger wurde, zog der Bergsteiger seiner Freundin seine eigenen Kleider über. Rettungsversuche von unten schlugen fehl. In der Nacht starb Walter Stadler an Erschöpfung. Seine Begleiterin konnte gerettet werden.

Erster Toter nach 2. Weltkrieg

Am 18. August 1945 war Hans Senekowitsch, ein anerkannt guter Kletterer, mit einem Bergkameraden in der Dachl-Nordwand unterwegs. Vermutlich brach ein Griff am Felsen aus. Durch den Sturz riss das Seil. Der "Ennstaler" schrieb: "Ohne einen Laut zu geben, fiel er in die Tiefe." Sein Kamerad wurde von Berghelfern gerettet. Helmut Senekowitsch, Bruder des Toten und späterer Trainer der österreichischen Fußballmannschaft, erzählte einmal, dass dieses Schicksal ihn bewogen hatte, den Bergsport aufzugeben.

Eltern und Sohn im Grab vereint

Der 18 Jahre alte Student Walter Schiffmann aus Wien stieg am 15. Juli 1946 allein in die Lechnerroute in der Hochtor-Nordwand ein. Dabei stürzte er aus nicht bekannten Gründen 150 Meter tödlich ab. Seine Eltern verfügten noch zu Lebzeiten, dass sie einmal im Grab ihres Sohnes am Bergsteigerfriedhof in Johnsbach beigesetzt werden wollen. So geschah es auch.

Hier Begrabene

  • Gustav Jahn († 17. August 1919 auf der Ödsteinkante am großen Ödstein), österreichischer Alpinist und Maler
  • Konrad Reifschneider († 2. Juli 1935 beim Aufstieg auf die Roßkuppe), österreichischer Alpinist, der im Gesäuse neue Bergfahrten durchführte
  • Hubert Seefridt (* 5. September 1889 in Frohnleiten; † 15. August 1936 an der Nordwand der Planspitze)

Siehe auch

Bilder

  Bergsteigerfriedhof Johnsbach – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons

Weblink

  • ANNO, Reichspost, Ausgabe vom 22. Juni 1922, Seite 3: "Friedhof von Johnsbach" von Hans Maurer

Quellen

→ das Beiheft Media:Hasitschka, Wegpunkte Gesäuse red.pdf

Fußnote

  1. Verlinkung(en) mit "swiki:" beginnend führen zu Artikeln im Salzburgwiki, dem Mutterwiki des EnnstalWikis


Beiträge Bergsteiger-Todesopfer in den Bergen des Bezirks Liezen