Friedrich Simony
Univ.-Prof. Dr. Friedrich Adolph Simony (* 1. Dezember 1813 getauft in Hrochow-Teinitz, Böhmen; † 20. Juli 1896 in Sankt Gallen, Steiermark) war Professor der Geografie, Vorstand des Geografischen Instituts der Universität Wien und gilt als der Erforscher des Dachsteinmassivs.
Leben
Bekannt ist nur sein Taufdatum, sein Geburtsdatum wird nicht erwähnt. Der aus ärmlichen Verhältnissen stammende Forscher konnte nur aufgrund finanzieller Unterstützung von Erzherzog swiki:Ludwig Viktor von Österreich[1] seine wissenschaftlichen Arbeiten durchführen. 1840 kam Friedrich Simony erstmals auf das Dachsteinplateau und begann mit der Erforschung der Geomorphologie und der acht Dachsteingletscher des Dachsteinmassivs. Besonders beeindruckt war er vom Karlseisfeld, auf dem er dann auch 1846 mit den ersten exakten Eisbewegungsmessungen begann.
1843 erreichte er nach zweitägigem Aufstieg mit zwei Begleitern den Gipfel des Dachsteins (15. bis 17. September). Er verbrachte die Nacht auf dem Gipfel, bevor er wieder abstieg.
Es folgten zwei Winteraufenthalte mit weiteren Besteigungen des Hohen Dachsteins. Im Winter 1846–1847 war er längere Zeit im Dachsteinggebirge und bestieg dabei insgesamt vier Mal den Gipfel des Hohen Dachsteins. Bei seinem zweiten Winteraufenthalt prägte er den Begriff "Dachsteinkalk", der in die geologische Literatur einging. Die Besteigungen des Hohen Dachsteins waren am 14., 29. Jänner, 4. und 6. Februar 1847.
Diese Feldforschungen führte er bis 1890 durch und bestieg, damals 77-jährig, zum letzten Mal den Dachsteingipfel. Die Krönung seiner Arbeit war schließlich sein Buch "Das Dachsteingebiet", das 1895 erschien. Simony dokumentierte den Schladminger Gletscher, der als Kar-Karstgletscher bezeichnet wird, mehrfach − sowohl mit Bleistiftskizzen als auch mit Aquarellen und Fotografien.
Sein Aufzeichnungssystem umfasste Skizzen, Fotografien und Messpunkte im Fels. Damit untersuchte er das Karlseisfeld (Hallstätter Gletscher) immer wieder. Unterhalb dieser Gletscherzunge befand sich sein erster Unterstand, aus dem später die Simonyhütte wurde. Für seine wissenschaftlichen Arbeiten, die unter anderem auch Messungen enthielten, fertigte Simony vor allem aber auch durch unzählige Graphiken und Fotos an. Diese dokumentieren die Zeit des letzten Gletscherhöchststandes im Zeitraum zwischen 1850 und 1880. 1875 nahm Simony erstmals einen Fotografen, Alois Elsenwenger, mit auf den Dachstein. Simony war damals bereits über 60 Jahre alt. Erstmals 1877 veröffentlichte er dann seine Lichtbilder. Aus der Quelle geht nicht klar hervor, ob Simony vor 1875 schon selbst fotografiert hatte oder ob die ersten Bilder erst 1875 entstanden.
Das Besondere an den Dokumenten von Simony ist, dass bei den Fotografien nicht in erster Linie darauf geachtet wurde, den für den Bildausschnitt, den Stand der Sonne usw. optimalen Ort für die Kameraposition zu eruieren, sondern dass er bestimmte Stellen aus wissenschaftlichem Interesse stets aufs Neue aufgesucht hatte. Diese hielt er fotografisch bei fast jedem Wetter fest. Der Vergleich zwischen diesen einzelnen Bildern stellen eben den glaziologischen Mehrwert dar, der für die Forschung noch heute von Bedeutung ist. Trotzdem dürfte Simony gerade bei den publizierten Fotografien großes Interesse gehabt haben, überwältigende Eindrücke dieser Bergwelt festzuhalten.
1862 war er Gründungsmitglied des zweitältesten Bergsteigerclubs der Welt, des Alpenvereins Austria.
Familie
Seine Eltern waren nicht verheiratet. Sein Vater, der sich nicht zu seinem Sohn bekannte, starb früh.
Am 2. August 1851 heiratete er Amalie Katharina swiki:Krackowizer (* 2. Juli 1821 in Wels, OÖ.; † 14. Mai 1877 in Wien) in Thalheim bei Wels. Amalie gebar Friedrich zwei Söhne, Oskar und Arthur. Eine 1858 geborene Tochter verstarb wenige Wochen nach der Geburt. Amalie litt an einer Geisteskrankheit.
Kurz vor seinem 83. Geburtstag stirbt Friedrich Simony, erblindet und an den Rollstuhl gefesselt, in Sankt Gallen im Haus Unterer Markt 44 in der Steiermark.
Nachruf
Die "Steirische Alpenpost" brachte in ihrer Ausgabe vom 25. Juli 1896 einen Nachruf:[2]
Hofrath Dr. Friedrich Simony †. St. Gallen, am 22. Juli 1896.
Der bekannte Geologe, Hofrath Friedrich Simony, ist am 20. d. M., ½2 Uhr nachmittags, hier einem Schleimschlage erlegen.— Hofrath Simony stand im 84. Lebensjahre.
Nachdem er seinen Studiengang beendet hatte, widmete er sich der Erforschung der Gletscher, welches Studium er bis zu seinem Lebensabende betrieb, und der Binnenseefauna. Er fertigte den Entwurf einer Schichtenkarte der Traunseen an und zeichnete eine panoramatische Ansicht des ganzen Seenthals. Von Hallstatt aus betrieb er die Durchforschung der paläontologischen Fundstätten jener Gegend und vereinigte seine Fundstücke zu einem Museum, das auch im Kreise seiner Fachgenossen anerkannt hohen Wert besaß. Im Jahre 1848 richtete Simony das naturhistorische Museum in Klagenfurt ein. Zwei Jahre später wurde er von der geologischen Reichsanstalt berufen, an der wissenschaftlichen Erforschung der österreichischen Alpen theilzunehmen und als Chefgeologe jener Section zugetheilt, die das Salzkammergut als Forschungsgebiet zugewiesen erhalten hatte. Hier entwickelte Simony eine solch eminente Arbeitskraft, dass er vom Minister Graf Thun zum Professor der Erdkunde an der Universität Wien ernannt wurde. Außer seinem Lehrberufe widmete er sich aber auch noch fortgesetzt der Erforschung der Alpen, insbesondere des Dachsteinstockes.
Seine diesbezüglichen Forschungsergebnisse legte er in seinem Hauptwerke über den Dachstein, von welchem er zu Weihnachten 1896 noch die Correcturen besorgte, nieder. Nebenbei hatte er seit 1868 wieder seine Durchforschungen der Seen des Traungebietes ausgenommen, wozu 1873 noch die Untersuchung des Königsees kam. Gleichzeitig beschäftigte er sich mit Gletscherstudien. Für touristische Bücher führte er die Neuheit ein, Ansichten eines Berges von verschiedenen Seiten zusammenzustellen.
Hosrath Simony ist seit fast 20 Jahren Witwer und besitzt zwei Söhne, von denen der ältere, Oskar, der als Professor der Mathematik an der Hochschule für Ackerbau und Bodencultur in Wien angestellt ist, gleichfalls einen guten Ruf in wissenschaftlichen Kreisen als hervorragender Forscher besitzt. Im Juli 1895 kam Herr Hofrath Simony mit seiner treuen Pflegerin Fräulein Johanna Heigenhaus nach St. Gallen, um in dessen milden Klima sich der Erholung hinzugeben. Körperlich arg leidend (er hatte sich einer Augenoperation unterziehen müssen und konnte selbst nur schwer lesen und er, der wochenlang im zerklüftetsten Gebirge herumgieng und herumkletterte, konnte seit einigen Jahren ohne fremde Beihilfe nicht gehen, da die Füße den Dienst versagten), doch geistig frisch verbrachte er hier den Sommer. Abwechselnd arbeitete er an der Vollendung seines Dachstein-Werkes oder ließ sich von einem Fiaker an hervorragend schöne Punkte unserer Gegend, wie Laussa oder Buchau, führen. Oefters saß er in seinem Rollstuhle in dem Hausgarten seines Quartiers, sog dort die würzige Alpenluft ein und freute sich derselben. Im Winter und an trüben Tagen blieb er im Zimmer. Seit Weihnachten trat ein sichtbar größerer Verfall seiner körperlichen und wohl auch seiner geistigen Kräfte ein. Der treuen und opfervollen Pflege des Frl. Heigenhaus, die ihn in früheren Jahren auch stets auf seinen Forschungsreisen in's Hochgebirge begleitet hatte, ist es zu verdanken, dass er den Winter überlebte. Samstag verschlimmerte sich sein Kräftezustand; er konnte nicht mehr schlucken und Montag, kurz bevor der behandelnde Arzt, Herr Dr. Murath, seinen Krankenbesuch zu machen kam, starb er. Dr. Murath konnte nur mehr die Todesursache (Schleimschlag) konstatieren.
Der Sohn des Verstorbenen, Professor Oskar Simony, der erst vorigen Donnerstag seinen kranken Vater besucht hatte, traf gestern Früh hier ein, um die Anordnungen für das Begräbnis zu treffen. Dasselbe wurde heute Vormittags um 9 Uhr abgehalten. Der Leichnam wurde vom Trauerhause aus in die Kirche getragen, wo ein feierliches Requiem sammt Libera von Herrn Dechant P. Millwisch abgehalten wurde. Um ½10 Uhr setzte sich der Leichenzug nach dem hiesigen Ortsfriedhofe zu in Bewegung. Hinter dem Sarge schritt Herr Professor O. Simony. Ihm folgten der größte Theil der hiesigen Beamten, der Gemeinde-Ausschuß. zahlreiche Sommergäste und viele Bewohner St. Gallens. Am Grabe trug der Kirchenchor das Grablied von Kloß vor. Professor O. Simony dankte tiefgerührt für die Theilnohme an dem Begräbnisse, dem Frl. Geigenbaus für die 17 Jahre unermüdlicher Sorgfalt und Pflege, die sie seinem Vater gewidmet hatte, und legte das Gelöbnis ab, daß er stets seinem Vater, der ein edler und berühmter Mann war, nachstreben werde. Kein Auge blieb trocken bei dem Nachrufe, den der Sohn dem Vater hielt. Bis in's Innerste gerührt entfernten sich die Anwesenden von dem Grabe des Mannes, der sein ganzes Leben darauf verwandte, einen Theil der Naturgeheimnisse zu lösen und so den Menschengeist wieder einen Schritt nach vorwärts machen zu lassen. Herr Professor O. Simony erhielt bei 50 Beileidstelegramme von den verschiedenen Personen und Vereinen.
Gedenken an Simony
In Österreich: Simonyhütte, Simonyhöhle, Simonywarte, Simonyscharte, ein Simony-Gedenkstein in swiki:Hallstatt, Simonystraßen in Wien, Linz und in anderen Gemeinden Österreichs, in der swiki:Venedigergruppe der swiki:Hohen Tauern gibt es zwei Simonyspitzen, eine Simonyschneide und ein Simonykees (kees = Gletscher);
Das "Hotel Simony" eine Bezeichnung für eine winzige Unterstandshöhle im Wildkar nördlich der heutigen Simonyhütte. 1843 hatte Simony selbst diesen Rastplatz errichtet, der dann von den Dachsteinpionieren seiner Zeit scherzhaft "Hotel" betitelt wurde.
Der Simonygletscher im nördlichen Polarmeer auf dem Franz-Josef-Land wurde nach dem Forscher benannt. "Simonyit" ist ein seltenes Begleitmineral des Steinsalzes (Natrium-Magnesium-Sulfat), das ebenfalls nach ihm benannt wurde.
Am 3. September 1887 brachten Hallstätter Bergführer eine Gedenktafel an Friedrich Simony auf dem Gipfel des Hohen Dachsteins an. Auch in Bad Mitterndorf befindet sich eine Gedenktafel an Friedrich Simony. Eine weitere Gedenktafel steht in Sankt Gallen am Wohn- und Sterbehaus von Friedrich Simony.
Ausstellung
Von Juni bis Oktober 2013 fand im Museum Hallstatt die Sonderausstellung "Dachsteinpionier und Wissenschaftler – Friedrich Simony zum 200. Geburtstag" statt.
Gedächtnisfeier
In Sankt Gallen fand am 14. November 2013 eine Gedächtnisfeier zum 200. Geburtstag von Friedrich Simony statt.
Bilder
- Friedrich Simony – Sammlung von weiteren Bildern, Videos und Audiodateien bei Ennstalwiki
Friedrich Simony – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons
Literatur
- Friedrich Simony: "Das Dachsteingebiet. Ein geographisches Charakterbild aus den österreichischen Nordalpen. Nach eigenen photographischen und Freihandaufnahmen illustriert und beschrieben", Wien, 1895, im Internet abrufbar unter austria-forum.org/web-books
- "Ansichten vom Ewigen Eis, die Geschichte der Dachsteingletscher in Bildern und Texten", mit zahlreichen Zeichnungen und Bildern von Friedrich Simony
- 1. Ausgabe des Alpenvereinsbuches 1865 digitale-sammlungen.de, in dem Simony ausführlich über die Salzburger swiki:Venedigergruppe schreibt
Weiterführend
Für Informationen zu Friedrich Simony, die über den Bezug zum Bezirk Liezen hinausgehen, siehe zum Beispiel den Eintrag in der deutschsprachigen Wikipedia zum selben Thema
Quellen
- opac.geologie.ac.at, pdf, "Die frühen Jahre des Dachsteinpioniers"
- Kristian Sotriffer: "Das Salzkammergut", mit Beiträgen von Franz Carl Lipp und Karl Lukan, erschienen 1969 im Oberösterreichischen Landesverlag
- "Die Weite des Eises, Arktis und Alpen von 1860 bis heute", Hrsg. Monika Faber, Albertina, Wien, 2008, ISBN 978-3-7757-2252-0
- www.landesmuseum.at Ein Leben für den Dachstein von Prof. Rudolf Lehr
- Stammbaum der Familie Benutzer:Peter Krackowizer
- 125 Jahre Simonyhütte: Friedrich Simony
- opac.geologie.ac.at, pdf, "Die frühen Jahre des Dachsteinpioniers"
Fußnote und Einzelnachweis
- ↑ Verlinkung(en) mit "swiki:" beginnend führen zu Artikeln im SALZBURGWIKI, dem Mutterwiki des EnnstalWikis
- ↑ ANNO, "Steierische Alpenpost", Ausgabe vom 25. Juli 1896, Seite 3