Selzthal Geschichte

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Dieser Artikel berichtet über die Geschichte der Ennstaler Gemeinde Selzthal.

Einleitung

Auch wenn die Gemeinde 2003 ihr erst 100-jähriges Bestehen feierte, reicht die Geschichte ihrer Gegend doch weit in die Vergangenheit. Zeugen dieser langen Geschichte sind Flurnamen, die bis ins Mittelalter reichen sowie Bauernhöfe aus der gleichen Epoche, die heute noch bestehen. War Selzthal lange Zeit als siedlungsunfreundliche Gegend vom Zeitgeschehen kaum berührt, änderte sich dies eklatant, seit es Bedeutung als Bahnknotenpunkt erfuhr. Die folgenden Zeilen sollen einen historischen Überblick über das heutige Gemeindegebiet Selzthals bieten.

Erwachen: Von den Anfängen bis ins Mittelalter

Die Anfänge, slawische und bayrische Besiedelung

Im Gemeindegebiet hat man bis heute keine ur- oder frühgeschichtlichen Funde entdecken können. Funde aus den Nachbarorten lassen jedoch auf Siedlungstätigkeit in dieser Gegend schließen. Zu aller erst waren dies Kelten, die das Königreich Norikum hervorbrachten, welches später zur gleichnamigen römischen Provinz wurde. Im Zuge der Völkerwanderung kam es zur slawischen Besiedelung. Aus dieser Zeit stammen zahlreiche Bezeichnungen wie bspw. "Melczen", das möglicherweise auf das slawische "meljce" = kleiner Sandriese zurückzuführen ist. Auch Selzthal ist möglicherweise slawischen Ursprungs. Es folgte die bayrische Kolonisation, und damit auch erste Nennungen deutscher Ortsnamen.[1]

Erste Besiedelung in Selzthal

Typische Berghanglage eines Bauernhofes. Er ist heute einer der wenigen noch erhaltenen Landwirtschaften in der Gemeinde.

Mit der Gründung des Klosters in Admont begann auch die erste nennenswerte Besiedelung Selzthals. Denn der Forst von Ediltscah (Selzthal) war ein Gut des Klosters. Ein Ziel des Klosters war die Urbarmachung, also siedelte sie Untertanen an den Berghängen an, da das Tal damals aufgrund der Hochwässer nicht besiedelbar war. Der Wald wich nun Acker- und Weideland. Vulgarnamen wie "Reitmayr" und "Neureiter" sind Zeugen dieser Tätigkeit. Aus dem Jahre 1289 stammt das älteste Vulgar mit 21 Ansitzen. Im Laufe der Zeit entwickelten sich auch Weiler in Villmannsdorf oder Versbichl. In den höheren Lagen gab es jedoch immer nur Einzelhöfe. Neben dem Kloster Admont waren auch weltliche Grundherrschaften verantwortlich für die Besiedelung. Diese Besiedelungen fanden ausschließlich über dem Talboden statt, dies änderte sich nicht bis zum Bahnbau Jahrhunderte später.[2]

Die Selzthaler Klause

Im 13. Jahrhundert fand das Interregnum statt, also die herrscherlose Zeit. Die Steiermark war stark umkämpft, woraufhin man die Schutz- und Wehrbauten ausbaute. Hier ist Untere Klause zu nennen. Das Gegenstück befindet sich im Reitthal bei Liezen. Beide wurden vom Stift Admont erbaut, ihre Aufgabe war die mögliche Sperrung des Ennstals von Admont. Beide Klausen wurden am Berghang errichtet. Erwähnenswert ist die Tatsache, dass das drei Kilometer breite Tal nicht gesichert werden musste, da die sumpfigen Verhältnisse sowieso keinen Truppendurchzug ermöglichten. Schauplatz wurde die Selzthaler Klause auch im obersteirischen Bauernkrieg von 1525, in der sie vom Admonter Abt besetzt, jedoch durch die Aufständischen gleich im ersten Ansturm erobert wurde. Daraufhin war der Weg zum Stift Admont frei, welches nun durch die Bauern geplündert wurde. Dies lässt darauf schließen, dass sich die Selzthaler Bauern auf die Seite der Aufständigen geschlagen haben. Später verlor die Klause ihre militärische Bedeutung, sie war in der Neuzeit mehr von wirtschaftlichem Nutzen durch die Kontrolle der Ein- und Ausfuhren in das Admonttal. Heute ist nur mehr wenig von der Klause erhalten. Die Überreste beschränken sich auf einen verfallenen Turm am Hang und andere Mauerreste.[3]

Landwirtschaft im ausgehenden Mittelalter

Für die Landwirtschaft im Mittelalter ist die Schwaige "Paltengmünd" zu nennen, die ihre Viehzucht auf Grünlandböden und Flussauen sowie auch Almen betrieb. Schwaigen leisteten ihren Zins durch Käse und waren vor allem im Gebiet um Selzthal stark vertreten. Namentlich erhalten sind heute noch Vorder- und Hinterschwaige.[4]

Entfaltung: Selzthal in der Neuzeit

Das Werden der Gemeinde in der späten Neuzeit

Die Erstellung des Theresianischen Katasters betraf auch das heutige Gemeindegebiet. Im Zuge dieser Grund- und Bodenvermessung entstand 1770 die Gemeinde Versbichl. Mit den sogenannten "Waldtomi", das sind drei Landesaufnahmen, die 1754 zum Schutz der Wälder angelegt wurden, und dem Franziszeischen Kataster nimmt Selzthal als Gemeinde nun erste Formen an. In den "Waldtomi" war bereits von "Zeltsthal" die Rede, ein Gebiet das bis zur Mündung der Palten in die Enns reicht. Detaillierte Besitzverhältnisse aus diesen Dokumenten können der Selzthaler Chronik entnommen werden. Im Franziszeischen Kataster ist Selzthal, neben Villmannsdorf, als ein Teil der Gemeinde Versbichl angeführt.[5]

In die Zeit von Erzherzog Johann fiel auch die Paltenregulierung 1823. Durch die Begradigung änderte sich auch die Gemeindegrenze zu Lassing. Drei Jahre später folgte der Bau der Selzthaler Straße nach Admont. Die Arbeiten erwiesen sich als arbeits- und kostenaufwändig, da der Untergrund nicht optimal war.[6]

Der Torfabbau und das Pesendorfer Kreuz

1827 wurde auf Initiative vom Rottenmanner Eisenindustriellen Josef Pesendorfer der Torfstich im Gamper Moos aufgenommen.

Diese Gebiete gehörten jedoch erst seit 1943 im Zuge der Eingemeindung Neulassings zu Selzthal. Als die Eisenbahn als Transportmittel kam, verdrängte jedoch die günstig herantransportierte Kohle den Torf. 1935 wurde der Torfbetrieb schließlich geschlossen. Heute dient Torf als Pflanzendünger und wird für heilmedizinische Zwecke eingesetzt.[7]

Pesendorfer ließ 1843 als Gedenken an die Gründung des Torfstiches, der als "wohltätiger Einfluss" in der Region bezeichnet wurde, das Pesendorfer Kreuz errichten. Das vier Meter hohe Kreuz ist aus mehreren Sockeln und einem gekreuzigten Jesus zusammengestellt. Seit 1988 steht es unter Denkmalschutz. Heute steht es gut sichtbar an der Schoberpass Straße (B 113) auf dem Gemeindegebiet von Liezen.[8]

Die Bauernbefreiung und Rückblick auf das bäuerliche Selzthal

1846 kam die Bauernbefreiung auch nach Selzthal, wo zu damaliger Zeit fast ausschließlich Bauern lebten. Das Revolutionsjahr 1848 brachte auch eine neue Verwaltung. Nun gab es Bezirkshauptmannschaften, die Nachbargemeinde Liezen wurde Sitz dieser politischen Behörde.[9]

Mit dem Kommen der Eisenbahn ging das Bauerntum in Selzthal unter. Der Großteil der Bauern unterstand vor der Bauernbefreiung dem Stift Admont. Das Gemeindegebiet war geprägt von Waldflächen, während Almen unterdurchschnittlich vertreten waren und sich nur auf das Dürrenschöberl beschränkten. Die meisten Bauern waren räumlich geschlossen auf dem Norwesthang des Dürrenschöberls angesiedelt, es gab aber auch Einzelsiedlungen, alle aber auf erhöhter Lage. Ab der Eisenbahn wurden Landwirtschaften aufgegeben, deren Weidegründe wurden oftmals vom Stift Admont aufgekauft.[10]

Die Regulierung der Enns

1859 unterzeichnete Kaiser Franz Joseph I. den Regulierungsplan für die Enns. Sie sollte von 1860 bis 1875 dauern. Ziel der Regulierung war durch die Beseitigung der Flussschleifen, die durch das Mäandrieren entstanden sind, eine Absenkung des Grundwasserspiegels zu erreichen. Gerade für Selzthal war die Regulierung besonders wichtig, da das Gemeindegebiet vom Hochwasser betroffen war. Außerdem wurde neues Siedlungs- und Bebauungsgebiet erschaffen. Durch den Weiterverkauf dieser neu entstandenen Böden konnte auch die Durchführung der Regulierung teilweise finanziert werden. Die Regulierung legte den Grundstein für den Bau der Eisenbahnstrecke.[11]

Bahnhof Selzthal

Der alte Bahnhof in Selzthal sollte ur­sprünglich den Namen Liezen bekommen, da vor dem Bau eine Gemeinde Selzthal noch nicht bestand. Selzthal ist erst durch den Bau der Kronprinz-Rudolf-Bahn, Strecke Weyer-Rottenmann, entstanden. Vorher waren nur wenige Häuser, die zur Gemeinde Versbichl ge­hörten. Darauf ist auch die ganz unnatürliche Ausdehnung der Gemeinde zurückzuführen. Neulassing, das ganz an Selzthal grenzt, gehört zur Gemeinde Lassing und Villmannsdorf, das sozu­sagen in Rottenmann liegt und über eine Stunde von Selzthal entfernt, gehörte zur Ge­meinde Selzthal.[12]

Quellen

  1. Parth, Martin (Hg.), Chronik Selzthal. Selzthal 2003, S. 26-28.
  2. Parth, Martin (Hg.), Chronik Selzthal. Selzthal 2003, S. 30-32.
  3. Parth, Martin (Hg.), Chronik Selzthal. Selzthal 2003, S. 33-34, S. 42-43.
  4. Parth, Martin (Hg.), Chronik Selzthal. Selzthal 2003, S. 38-39.
  5. Parth, Martin (Hg.), Chronik Selzthal. Selzthal 2003, S. 46-47, S. 49-50.
  6. Parth, Martin (Hg.), Chronik Selzthal. Selzthal 2003, S. 51.
  7. Parth, Martin (Hg.), Chronik Selzthal. Selzthal 2003, S. 55-58.
  8. Parth, Martin (Hg.), Chronik Selzthal. Selzthal 2003, S. 58-59.
  9. Parth, Martin (Hg.), Chronik Selzthal. Selzthal 2003, S. 59-60.
  10. Parth, Martin (Hg.), Chronik Selzthal. Selzthal 2003, S. 62-67.
  11. Parth, Martin (Hg.), Chronik Selzthal. Selzthal 2003, S. 60-61.
  12. ANNO, "Grazer Volksblatt", Ausgabe vom 15. August 1925, Seite 7