Theodor Keidel

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Kommerzialrat Theodor Keidel (* 17. Dezember 1871 in Oberdöbling; † 29. März 1958 in Mauer bei Wien) war ein bedeutender Alpinist und Bergfahrer in den Ennstaler Alpen.

Nachruf

Otto Langl schrieb in der "Österreichischen Alpenzeitung" einen Nachruf, der hier auszugsweise wiedergegeben wird.

"[...] Sein Name ist mit den alpinen Großtaten der Wiener Alpenklubisten im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts eng verbunden. Als Einundzwanzigjähriger trat er in den Klubkreis der Wiener Stürmer ein und stand bald mitten im Zentrum ihrer Bergerfolge. Es waren unsere Traditionspioniere Robert Hans Schmitt, Eduard Wagner, Viktor Wessely, Heinrich Pfannl, Thomas Maischberger, Franz Zimmer, Alfred von Radio-Radhis, Eduard Pichl, um die Bedeutendsten zu nennen. Bereits 1893 klopfte der junge Keidel bescheidentlich mit einem flotten Artikel über eine Große Mösele-Ersteigung aus dem Waxeckkees im Kluborgan an und fand schon ein Jahr darauf als 2. Schriftführer das Vertrauen der Klubführung unter Dr. Otto Zsigmondy. Die Federführung hinderte ihn aber nicht, den zukünftig so beliebten Katzenkopfsteig auf der Rax zu finden, den Grat vom Hochtor zum Ödstein zu überklettern und den viel genannten Berliner Bergsteiger Treptow auf die Grohmannspitze zu führen.

Gründung des Alpinen Rettungsausschusses

In das Jahr 1895 fiel die segensreiche Gründung des Alpinen Rettungsausschusses durch die Klubisten Franz Kleinwächter, Heinrich Krempel und Theodor Keidel, eine Vereinigung freiwilliger Helfer bei Bergunfällen. Diese war die Keimzelle für das Entstehen des umfassenden alpinen Rettungswesens im Rahmen des Alpenvereins. Wie sehr diese organisierte alpine Nothilfe notwendig geworden war, sollte der Mitgründer Keidel bald am eigenen Leibe zu spüren bekommen. Erstmalig in diesem Jahre mit Heinrich Pfannl zur Seilschaft verbunden, gelang die 2. Ersteigung der Eiskarlspitze. 1896 wurde Keidels erfolgreichstes Bergjahr. Mit Viktor Wessely fand er in der Planspitze-Nordwand einen neuen prächtigen Kamindurchstieg (Keidelkamine), schloss die Reichenstein-Nordwand an, erstieg erstmalig das Großwandeck und beging den Südgrat des Niederen Dachsteins. Bei der 2. Nordgratbegehung des swiki:Großvenedigers[1] war Alfred von Radio sein Begleiter. Nun folgte die großzügige Gratwanderung im Gesäuse vom Kleinen zum Großen Buchstein mit Pfannl, Wessely und Maischberger. In der gleichen Zusammensetzung holte dann diese unvergessliche Viererseilschaft zum großen Schlag aus und eroberte im ersten Anlauf die gewaltige Hochtor-Nordwand! Ein Markstein der gesamten Bergsteigerei in den Ostalpen! Unser 24jähriger Theodor Keidel stand mit einem Schlage im Glanze alpiner Berühmtheit. Er war der Seilpartner Thomas Maischbergers gewesen. Die Klubehrung blieb nicht aus, Keidel rückte 1897 zum Vizepräsidenten vor. In diesem seinem Schicksalsjahre reihten sich anfangs einige bedeutende Felstouren aneinander, so die

  • 1. Ersteigung des Scheiblingsteins über die Südwand, des Melcherlochkopfes über den Südgrat, der Gratübergang vom Manhart zur Zagica,
  • die 2. Ersteigung der Mitterspitze-Südwand, alle mit Pfannl, und
  • die 3. Ersteigung der Festkogel-Nordwand mit Zimmer.

Darauf folgte der unselige 11. Juli auf der Großen Buchstein-Mauer - der Absturz der Seilschaft Keidel-Pierre Goudet als Endglied einer Sechser-Klubmannschaft Pfannl, Kleinwächter, Wessely, Maischberger und die Genannten. Dem französischen Klubgast Goudet als Letzten am Seil brach ein Griff aus, und im Sturze Keidel mitreißend, stürzte die Seilschaft in die Tiefe ab. Goudet starb noch in der folgenden Nacht, von Maischberger behütet, in der Wand an seinen schweren Verletzungen; Keidel konnte dank der aufopfernden Bergungsleistung seiner Gefährten noch lebend geborgen und ins Tal gebracht werden. Pierre Goudet fand sein frühes Grab in Sankt Gallen, Keidel konnte geheilt werden. Ein schweres Unglück, das das seelische Gefüge des Wiener Klubkreises erschütterte!

[...] Noch im November seines Unglücksjahres sprach Keidel vor dem Klubplenum über seine schneidige Durchkletterung der Mitterspitze-Südwand. [...] Dem "bösen Großen Buchstein" zahlte er es mit der 3. Begehung des Westgrates heim und wiederholte anschließend den Nordwandanstieg Pfannls auf den Ödstein. Dann zog er mit Pfannl in die Schweiz. [...]] 1899 stieg er mit Pfannl auf Schiern zur Spitze des [[swiki:Hochkönig|swiki:Hochkönigs}}, damals noch eine ganz seltene Winterfahrt der Tüchtigsten. Dann schwiegen seine alpinen Bekenntnisse nach Abschlussvorträgen über Gesäuse und Zermatter Fahrten. Im Klubleben trat seine Persönlichkeit nur mehr bei besonderen Klubfestlichkeiten in unsere Mitte, so bei unserem 50-jährigen Klubjubiläum 1928 und bei der Maischberger-Ehrung 1938.

[..] Als Sohn des Weingroßhändlers Albert Christoff Keidel in Oberdöbling geboren, absolvierte er die Handelsakademie und trat nach gründlicher Vorbereitung in das Geschäft seines Vaters ein. Achtundzwanzigjährig übernahm er die Zweigstelle Mauer, die er im Laufe der Jahrzehnte zum Hauptsitz der Firma A. Keidel und C. J. Schraut & Co. Sektkellereien, Weingroßhandlung, Weinbrennerei, Wien-Mauer, ausbaute und derselben bis zu seinem Tode als Firmenchef vorstand. Nachdem er mit der Jahrhundertwende seine alpine Laufbahn abgeschlossen hatte, heiratete er und widmete sich nun ausschließlich seiner Familie und dem industriellen Unternehmen seiner Wahl. 1

[...] Der Staat ehrte seine Verdienste mit der Verleihung des Kommerzialrattitels.

Quelle

  • Ernst Kren: "Theodor Keidel 1871–1958 Der felstaugliche Kommerzialrat"
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