Jakob Ernst Koch

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Jakob Ernst Koch
Der Stolperstein für Jakob Ernst Koch.
'Szenischen Darstellung' des 'Verhörprotokolls' im Zeitroas Museum Ramsau, 03:56 min. Video

Jakob Ernst Koch (* 12. April 1897; † 21. März 1966 in Wallern, .) war Pfarrer der evangelischen Kirche in Ramsau am Dachstein in den 1930er-Jahren.

Leben

In der Zeit des aufkeimenden Nationalsozialismus wurde Koch durch den Landeshauptmann der Steiermark als Vertreter der evangelischen Kirche in den steirischen Landtag geholt. Sein Widerstand gegen den Nationalsozialismus und seine gelebte Zivilcourage in der Steiermark sind Ziel der Aufarbeitung. Auf Initiative der evangelischen Religionslehrerin Monika Faes wurde am 12. November 2021 ein Stolperstein im Gedenken an Jakob Ernst Koch vor der evangelischen Kirche in Ramsau am Dachstein verlegt.

Aus seinem Leben: Pfarrer Jakob Ernst Koch - unermüdlich | mutig | prophetisch, zusammengestellt im Rahmen des Gedenkprojekts "Gegen das Vergessen"‎‎:

Jakob Ernst Koch geboren und wächst in Scharten auf. Seine Jugendzeit verläuft noch in der österreichisch-ungarischen Monarchie. Er legt seine Matura 1915 ab. Den Ersten Weltkrieg macht Koch bei den Kaiserschützen, einer Elitetruppe, mit. Von 14. Juli 1915 bis 30. November 1918 leistet er freiwilligen Militärdienst. Er wird ein hoch dekorierter Leutnant und behält die Liebe zum Wandern, zu den Bergen.

Als Letzter folgt er in der Jakob-Ernst-Koch-Dynastie der Familientradition und studiert evangelische Theologie in Wien, Tübingen, Göttingen, Rostock. Seit 1781 waren seine Vorfahren mit denselben Vornamen evangelische Pfarrer in Wallern, Oberösterreich. Er wird der erste sein, der kein Pfarramt in Wallern übernimmt. Ab 1922 wirkte er als Vikar in Wallern, ab 1926 Pfarrer in Hallstatt, ab 1928 Pfarrer in Ramsau am Dachstein.

Seiner Ehe mit Gertrud werden fünf Töchter geschenkt. Eines der Mädchen stirbt schon im frühen Kindesalter, ein harter Schlag für die gesamte Familie.

Das 1931 geweihte Gipfelkreuz am Scheichenspitz wird Sinnbild seines Leben. Aus seiner Bergpredigt dazu: "Torheit dünkt es manchem zu sein, sich für ein einfaches Kreuz so zu mühen, ja sein Leben zu wagen. Wer mitgetragen hat, der weiß, es war eine schier übermenschliche Arbeit. Es war uns eine Ehre, die Last zu tragen. Jeder von uns ist ein Kreuzträger. Bekenner wie einst braucht unsere Kirche, gerade in dieser Zeit des Abfalls... Dazu gehört Mut und Liebe."

Durch sein Engagement im Ständestaat wird er zum Außenseiter seiner Kirche. Am 13. September 1936 schreibt er einen wegweisenden Zeitungsartikel "Evangelisches Bekenntnis zu Österreich" im "Grazer Volksblatt". [2] Viele Evangelische begrüßen 1938 den ‚Anschluss’ an Hitlerdeutschland. Wenige leisten Widerstand gegen das Dritte Reich. Zu ihnen gehört J. E. Koch. Er sieht prophetisch weit, erkennt im Nationalsozialismus die antichristliche Einstellung. Er wagt es, gegen den Strom zu schwimmen, nimmt Feindschaft in Kauf. In den Jahren des Nationalsozialismus stellt er sich leidenschaftlich gegen diese menschenverachtende Bewegung. Landeshauptmann Stepan holt Koch als Vertreter der Evangelischen Kirche in den steirischen Landtag. Dies geschieht ohne Konsultation mit der Kirchenleitung. Koch wird auch dadurch noch mehr zum Außenseiter seiner Glaubensgemeinschaft.

Er dient unermüdlich allen, die Hilfe benötigen. Jakob Ernst Koch wird denunziert. Das führt zum Landesverweis durch den ersten nationalsozialistischen Gauleiter der Steiermark: Gauverbot. Die Gestapo ist hinter ihm her. Ramsauer Bauern verstecken ihn auf einer Salzburger Alm. Was das für ihn, seine Frau und Töchter bedeutet, kann niemand erahnen. Er findet Zuflucht als Pfarrer in Württemberg. Dort versteckt er im Pfarrhaus eine Jüdin. Bei Kriegsende geht er vermittelnd den Franzosen entgegen, setzt sich als Schutzschild auf einen französischen Panzer. Das Angebot, Bürgermeister zu werden, lehnt er entschieden ab. Seine Berufung sieht er als Seelsorger und Hirten.

Nach dem Krieg findet er seine Wirkungsstätte in Peggau in der Steiermark. Dank seinem Motorrad schafft er es in dieser großen Diasporagemeinde bis zu 30 Religionsstunden pro Woche zu halten. Er initiiert den Bau von drei Kirchen, darunter der Michaelskirche. Sein Wirken in der NS Zeit wird weitgehend vergessen. Zivilcourage birgt auch immer die Last in sich, nicht verstanden zu werden.

1965 erfüllt sich der innigste Wunsch seines Lebens. Er bereist Israel. Er pflanzt – schon schwerkrank – in Israel einen Baum. Das jüdische Volk ist von Gott erwählt. Für dieses setzt er sich ein. Er nimmt das Wort Gottes zeitlebens ernst. Zu Frühlingsbeginn, am 21. März 1966 stirbt Pfarrer Jakob Ernst Koch nach längerer Krankheit in Wallern.

Einführungsworte anlässlich der 'Szenischen Darstellung' des 'Verhörprotokolls' im Zeitroas Museum Ramsau, September 2019

Die Evangelische Pfarrgemeinde A.B. Ramsau am Dachstein hat ihre Wurzeln im frühen 16. Jahrhundert und zählt zu einer der ersten Toleranzgemeinden Österreichs, gegründet im Jahr 1782. Nach dem Toleranzpatent von Kaiser Josef II. (1781) bekannten sich 127 der 130 Ramsauer Familien zum evangelischen Glauben. Durch die Jahrhunderte blieb die Orientierung an der Heiligen Schrift sowie die persönliche Frömmigkeit eingebettet in das Familienleben von höchster Bedeutung. Gleichwohl wappnete dies nicht zureichend gegen die zerstörerische, menschenverachtende Ideologie des Nationalsozialismus.

Einer der wenigen, der sich nicht blenden ließ, war Pfarrer Jakob Ernst Koch. Die Aufforderung des Apostels Paulus in seinem 1. Korintherbrief 16,13 - "Wachet, steht im Glauben, seid mutig und stark!" - trifft auf ihn zu. Er ließ sich den Mund nicht verbieten und zeigte Zivilcourage, für die er samt seiner Familie den Preis zu zahlen hatte. Denunziation, Gauverbot, Rettung in letzter Minute. Und: kein Dank zu Lebzeiten. Umso mehr gilt es an ihn zu erinnern, sein Wirken und klares Bekenntnis zu würdigen, ja sein Lebenszeugnis als Mahnung an uns heute wach zu halten.

Quellen