Die Hammerherren im Paradies

Aus EnnstalWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Dieser Artikel berichtet über die Hammerherren im Paradies in der Marktgemeinde Admont.

Geschichte

Das als Paradies bezeichnete Areal liegt im Süden Admonts am Ausgang des Lichtmessbachgraben, am steilen Aufschwung des alten Handelspfades zum ehemals sogenannten Dietmannsberg.

Ulrici Gartner hieß der Liegenschaftsbesitzer, dessen Anwesen im Urbar von 1330 als "Gärtnerherberg" erstmalig aufschien. Dem ursprünglichen Paradiesbewohner Ulrici Gartner folgte eine undokumentierte Zeit von genau 185 Jahren. Erst im Jahre 1515 erschien Gabriel Haßberger, gefolgt von Florian Pöllauer, welchem der Besitz der "Garten- und die Geuchleinsherberg" zugesprochen wurde. Zusammen wurde der Besitz nun als "beim Trahtzieher" bezeichnet, da am Ausgangsterrain des Lichtmessbachgrabens bereits 1565 ein Drahtzug eingerichtet worden war. Das 1572 durch Hochwasser zerstörte Werk ließ Abt Lorenz Lombardo zwar wieder aufbauen, verkaufte es aber bald an Georg Winkler; es folgten ferner zahlreiche Besitzerwechsel – bis zum Jahre 1682 zwölf an der Zahl – ehe Georg Kälblinger das Paradies sein Eigen nannte.

Kälbinger war der erste verbriefte Sensenschmiedmeister im Arkadien von Admont, sein bis ins 19. Jahrhundert geführtes Zunftzeichen wies "2 Schwertel zu beiden Seiten ein Kreuz" auf. 1723 arrondierte Andre Häußler das Anwesen, zu welchem die "Garten- und Geuchleinsherberg", das "Drahtzieherhäusl" sowie auch schon die "Mühl und Saag" gehörte.

Nun folgte eine Epoche stabiler Verhältnisse. Ab 1729, also ganze 126 Jahre, stand der Sensenschmiedhammer samt erworbener Güter im Besitz der Familie Johann Georg Moser. Dessen Enkel Michael, in dritter Ehe mit Maria, der Schwester des Admonter Abtes Benno Kreil verehelicht, führte das Werk in eine Hochblüte und erweiterte den Besitz maßgeblich; nebst dem Hammerareal zählten eine Mautmühle, die Raschersäge, die südlich gelegenen Gehöfte Schwaiger und Ochsenpointner, große Almflächen unterm Ochsenboden (heute Forchneralm) sowie mehrere Wiesengrundstücke im Ausmaß von 250 Hektaren zum "Mosergut".

Der Begriff "Paradies" taucht auf

Um 1855 stieß der aus der Schweiz stammende Protestant Michael Adam die Pforte zum Paradies auf, indem er der Moser´schen Tochter Antonia das Ja-Wort schenkte. Mit dem Erscheinen des Michael Adam wurde auch erstmalig – wohl in Bezug auf dessen Nachnamen – der Begriff "Paradies" erwähnt. Zehn Jahre lang erfuhr das radizierte Real-Gewerbe eine weitere, wenngleich letzte Hochblüte, vor allem durch die bekannt hohe Qualität der Sensen, die hauptsächlich im Reich des Zaren abgesetzt wurden. Die Söhne Emmanuel und Adolf führten das Lebenswerk des Vaters jedoch nicht fort und beendeten so die rund 370-jährige Tradition der Eisenverarbeitung im Paradies. Über Emmanuels Verbleib gibt es keine Aufzeichnungen. Adolf blieb seinerseits zunächst im Burenkrieg verschollen, ehe er sich im Zuge eines aussichtslosen Prozesses vor den Augen des Gerichtshofes per Kopfschuss auf den Weg in ein jenseitiges Paradies begab. Josefine, nunmehr Witwe und letzte derer aus der Adam´schen Sippe, verkaufte daraufhin das über 170 Jahre im Familienbesitz befindliche Gut. Um 64.000 Kronen erwarb 1901 erneut ein Eidgenosse das Adam´sche Paradies: Der 1878 in Genf geborene Eugen Odier, Sohn eines wohlhabenden Schweizer Nationalrates und Gesandten in Petersburg, war gelernter Landwirt.

Der bekennende Hugenotte expandierte im Jahre 1902 das Paradies mit dem Zukauf der Liegenschaft Frantschen, 1913 kam die Saliterer-Realität und später weitere Flächen wie das Möselfeld ob der Petermühl dazu. Vier Hektar Boden standen unterm Pflug, rund 20 Rinder, zwei Norika-Rösser, Schafe, Schweine und Hühner dienten vornehmlich der Eigenversorgung. Dazu kamen Einnahmen durch die Forstwirtschaft sowie durch die Verpachtung der 127 Hektar großen Eigenjagd. All dies bewerkstelligte eine bis zu 30-köpfige Gesindeschar. Frei nach der Devise "es werde Licht im Paradies" ließ der technisch versierte Großgrundbesitzer 1913 eine 12 PS starke Francis-Turbine ans Ufer des Lichtmessbaches bauen. Damit wurde die Dreschmaschine, ein Häcksler, die Hausmühle, eine Waschmaschine und ein Erdäpfeldämpfer angetrieben. Auch das südlich gelegene Objekt, wohl schon länger als Taverne in Verwendung, stand unter Strom als es verpachtet wurde und fortan als "Maria Schacherls Gasthaus zum Paradies" firmierte.

Mit einer Arzttochter aus Wiesbaden setze Odier vier Sprösslinge ins Grabendorado, wobei Filius Edouard zum Gutserben heranwuchs. Dessen Schwester Marguerite erinnerte sich in niederschriftlicher Form an das Leben im Paradies: "Die Familie bewohnte das Herrenhaus, welches mittels verglastem Verandagang mit dem gegenüberliegenden Neuhaus verbunden war. In diesem war teils das Gesinde untergebracht, teils gab es auch Zimmer für Sommerfrischler und im Erdgeschoss befanden sich die Molkerei, die Waschküche sowie die Fleischbank". Vater Eugen war als Obmann zahlreicher Institutionen eine gewichtige Stütze im gesellschaftlichen Leben des Ortes. Des angesehenen Bürgers Nachwuchs wurde von privaten Lehrern unterrichtet, man verreiste gerne zu Verwandten ins ferne Genf, betrieb Bergsport, sprach fließend französisch und verweilte gutbürgerlich in der luftigen Glasveranda oder im angebauten Lusthäuserl.

Bei aller Herrschaftlichkeit wurde aber auch Wert auf Bodenständigkeit gelegt; die manuelle Mitarbeit aller Familienmitglieder in der Landwirtschaft und im Haushalt waren Usus im aufgeklärten Hause Odier. Stammhalter Edouard heiratete wiederum eine Schweizerin, Elli Derendinger, die ihm drei weitere Söhne gebar. Edouard, allgemein "Wadl" gerufen, war ein besonders musischer Mensch, spielte Klavier, dichtete Verse und hinterließ mit dem unveröffentlichten Manuskript "Die Nachbarsleut" eine bemerkenswert sozialkritische Abhandlung über das bäuerliche Leben im Admonttal. Später zog er sich, ehe er das Zeitliche im Paradies segnete, ins Ausgedinge am ehemaligen Saliterergrund zurück. Odiers Nachkommen veräußerten das Anwesen an das Admonter Stift; Stallungen, Mühle und Säge, Schmiede- und Gesindehaus sowie die Dependance-Gehöfte wurden nach und nach dem abgerissen. Maria Schacherls Taverne erwarb der Landkreis Gießen zur Nutzung als Feriensitz im Admonter Garten Eden. Der Gastbetrieb wurde 1998 endgültig eingestellt, sodass das Gebäude derzeit ein weitgehend leerstehendes Dasein am Straßenrand fristet. Das Neuhaus befindet sich mittlerweile in privater Hand, das stattliche Herrenhaus wiederum erwarb im Jahre 2000 die niederländische Familie Buijs, die in Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt die Generalsanierung des geschichtsträchtigen Hauses in Angriff nahm.

Quellen