Schulausflug der Volksschule Pürgg 1944 zur Heßhütte im Gesäuse

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Zeitzeugendokument
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Schulausflug der Volksschule Pürgg 1944 zur Heßhütte im Gesäuse aus den Aufzeichnungen (privates Tagebuch) der Anna Gasteiner.

Der Schulausflug

In unserer Ein-Klassigen Volksschule in Pürgg wurde für die 7-te u. 8-te Schulstufe der Schulausflug ausgemacht. Unsere Lehrerin Klara Kasper (eine Wienerin) machte uns eine Wanderung ins Gesäuse schmackhaft. Das Ziel war die Heßhütte über den Wasserfallweg. Wir fuhren von der Bahnhof-Haltestelle Pürgg um 6.00 Uhr Früh nach Stainach, stiegen dort um bis Selzthal, dann gings nach Gstatterboden. Wir hatten gerade die Ennsbrücke hinter uns gelassen, als uns ein Rettungstrupp mit einer Bahre, auf der ein Toter lag, begegnete. Ein Mädchen aus unserer Gruppe wollte nicht mehr weitergehen, es bedurfte einer großen Überredungskunst, sie zum Mitgehen zu bringen. Beim Aufstieg sahen wir fast nur den Steig und hörten das Ennswasser rauschen und den Wasserfall. Der Nebel war unser Begleiter. Als wir Oben ankamen, öffnete sich der Himmel und wir hatten die Heßhütte, das Hochtor und die Planspitze vor Augen. Es war ein Schauen und Staunen, einfach überwältigend!

Die Hüttenleute schlugen die Hände zusammen, sie wollten nicht glauben, daß wir diese Tour gegangen sind. Sie sagten: Dies wäre die erste Schule, die diesen Weg genommen hatte und es wurde im Hüttenbuch besonders vermerkt.

Wenn man bedenkt, daß es das 5-te Kriegsjahr war und kaum jemand von uns hatte ein gutes Schuhwerk und auch keine passende Bekleidung. Wir hatten auch Flüchtlings-Kinder aus Deutschland dabei – auch Zwillinge (Mädchen) mit dem Namen Gotha von Binden-Kriegelstein – waren mit von der Partie (wir waren ca. 12 Schüler/Schülerinnen).

Es gab keine 2-te Begleitperson!

Als Jause hatten wir ein Stück Brot, ein paar verrunzelte Äpfel vom Vorjahr, mit. Doch auf der Hütte bekamen wir eine Erbsen-Pulver-Suppe (die wurde damals auf Schutzhütten ohne Lebensmittelkarte abgegeben). Darüber war unsere Freude groß.

Den Abstieg machten wir auf dem leichteren Weg nach Johnsbach.

Doch da gab es auch Überraschungen. Wir mußten durch ein Almgebiet, ich sah zwar nur eine Hütte und Stall, aber immerhin war dies genug, da uns ein böser Stier, der der Sennerinn ausgerißen war, verfolgte. Schon von weitem hörten wir sie rufen: Lauft schnell alle auf den großen Stein, bis ich das Tier wieder eingefangen hab. Wir hingen lange wie die Kletten auf engstem Raum fest.

Als wir dann endlich weitergehen durften, zogen Wolken auf, wir erreichten gerade noch den ersten Bauernhof oberhalb Johnsbach, als ein Gewitter mit Hagel und Wolkenbruch niederging. Im Schuppen suchten wir Unterschlupf.

Durch die Verspätungen hatten wir den Zug in Johnsbach versäumt und mußten auf den letzten Abendzug warten. Eine Hängebrücke über die Enns führte uns zur Haltestelle. Bis alle Kinder Zuhause waren, dürfte es fast Mitternacht gewesen sein, denn in Lessern gab es damals noch keine Haltestelle (diese wurde 2003 geschlossen!). Ich glaube, dieser Tag wird allen Beteiligten unvergeßlich geblieben sein.

Quelle

Beiträge aus dem Tagebuch der Anna Gasteiner