Lawinenkatastrophe auf der Ursprungalm

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Ein Bericht über die Bergungsarbeiten.
Lage der Gedenktafel
Gedenktafel, Detailaufnahme

Die Lawinenkatastrophe auf der Ursprungalm geschah am 11. März 1935.

Einleitung

Wie uns die katastrophalen Folgen des Lawinenwinters 1999 lehrten, ist in periodischen Abständen immer wieder mit derartigen Ereignissen zu rechnen. Ausschlaggebend sind meist eng begrenzte örtliche Verhältnisse, die zur Auslösung führen. Selbst scheinbar sichere Waldbestände können keine Parole bieten, wie etwa der riesige Schadholzanfall in unseren Tauerntälern im Februar 1999 einen treffenden Beweis lieferte. Wenn sich hiezu noch der unauslösliche Schmerz vieler betroffenen Menschen, wie im Falle der Katastrophe von Galtür am 23. Februar 1999 dazugeseIlt, soll es ein Hinweis sein, dass Menschen im Kampf gegen die Naturgewalten stets nur die zweite Geige spielen.

Das von der AV-Sektion Wien betreute Arbeitsgebiet rund um den Giglach und die herbe Schönheit des Götterwinkels "Ursprungalm" am Fuße der Steirischen Kalkspitze, mag Anlass gewesen sein, dass trotz eines fünf- bis sechsstündigen Anmarschweges bereits zu jener Zeit Winterlager für die skibegeisterte Jugend auf einer für diesen Zweck bewirtschafteten Hütte im Almdorf Ursprungalm abgehaltenwurden. In der Zeit von Jänner bis April trafen sich junge Leute des Deutschen Schulvereines "Südmark, Sektion Jung Wien" regelmäßig zu Skikursen und wurden in die Kunst des "Weißen Sportes" eingeführt.

Das Unglück

Am Nachmittag des 11. März 1935 übten 22 Teilnehmer eines solchen Kurses in einer ca. 20 Minuten von der Hütte entfernten Mulde am westlichen Abhang des Schiedeck's. Als sich die erste Gruppe mit zwölf Kursteilnehmern um etwa 17:30 Uhr auf dem Heimweg zur Hütte begab, löste sich im Bereich des Neudeggmoos-Hanges ca. 80 m oberhalb der aufgeschlossen marschierenden Leute ein Schneebrett, erfasste neun Teilnehmer und schleuderte sie in die Schlucht des Preuneggbaches hinab, wo sie von den Schneemassen überdeckt wurden. Lediglich der Skilehrer und ein Begleiter an der Spitze der Gruppe sowie eine Studentin am Schluss, die wegen Bindungsschwierigkeiten etwas Abstand hielt, wurden von diesem Schicksal verschont.

Um zu verstehen, was sich nun in den folgenden Stunden und Tagen rund um diesen schrecklichen Lawinenunfall abspielte, muss man sich zuerst einmal ins Jahr 1935 zurückversetzen. Die restlichen Kursteilnehmer und der Hüttenwirt begannen sofort mit der Suche und konnten bald einen Verschütteten finden, der ziemlich an der Oberfläche lag. Leider blieben alle Wiederbelebungsversuche erfolglos. Weil es zu jener Zeit weit und breit keine Fernsprechverbindungen gab, fuhr der Hüttenwirt Gerhardter mit Skiern nach Pichl ab und verständigte um ca. 20 Uhr über den Bahnfernsprecher den Gendarmerieposten Schladming von dem Unfall. Von den drei dienstbaren Beamten machten sich Rayonsinspektor Scherber und Gendarm Feistl, der noch vielen älteren Schladmingern als langjähriger Postenkommandant in Erinnerung ist, sofort auf den Weg zur Unfallstelle. Unterwegs wurden noch alle geeigneten Helfer in Schladming, Rohrmoos, Pichl und Mandling alarmiert, sodass bis 5 Uhr früh 19 Mann auf der Ursprungalm eintrafen.

Von dieser Hilfsmannschaft konnten am 12. März fünf Leichen unter sehr schwierigen Bedingungen geborgen werden, die in der engen Schlucht des Preuneggbaches unter meterhohen Schneemassen begraben waren. Für den Kurierdienst nach Schladming wurde ein erfahrener Skiläufer eingesetzt, der die Abfahrt in zwei Stunden bewältigen konnte. In der Nacht zum 13. März kam eine weitere Suchmannschaft mit 25 Mann zur Ablöse, die am nächsten Tag die Suche fortsetzte, während die erste Mannschaft mit dem Abtransport der geborgenen Leichen begann.

Erst am 15. März konnten zwei weitere Opfer geborgen werden, nachdem man Sondierungsgräben bis zur Sohle des Preuneggbaches gezogen hatte. Wegen der Aussichtslosigkeit hat man schließlich die Suche nach dem neunten Lawinenopfer aufgegeben und wartete mit der Bergung bis zur Ausaperung im Frühjahr.

Der Abtransport der acht Leichen gestaltete sich im weglosen Gelände sehr schwierig, weil mehrere Schlitten in Brüche gingen und auf den gefährlichen Strecken Seilsicherungen erforderlch waren. Ab den ersten Gehöften im Preuneggtal erfolgte der Transport mit Ochsen und Pferdegespannen bis nach Schladming. Nach einer gemeinsamen Verabschiedung vor der kleinen Totenhalle am Eingang zum evangelischen Friedhof im Kreise angereister Familienangehöriger der Opfer und der mittrauernden Bevölkerung von Schladming, wurden die acht Särge am Abend des 15. März 1935, in einem langen Trauerzug zum Bahnhof Schladming begleitet, wo sie zur Überführung nach Wien verladen wurden.

Das neunte Opfer folgte wie bereits angeführt, erst im Frühjahr. Noch nach Jahrzehnten verdient dieser fünf Tage dauernde Hilfseinsatz noch immer einen gebührenden Respekt für alle beteiligten Helfer und für den Einsatz der beiden Gendarmen. Man bedenke vor allem, dass der Skilauf damals kaum 40 Jahre alt war und Skier mit Stahlkanten sowie die Kandaharbindung zu jener Zeit noch kaum bekannt waren. Anstelle der heute üblichen Steigfelle verwendete man Gurten oder band sich Reisig auf die Lauffläche. Rohrmoos und das Preuneggtal waren nur durch Fahrwege erschlossen, die im Winter dem Holztransport mit dem Schlittenfuhrwerk dienten.

Es war ein Ereignis, das einen langen Nachklang fand und erst durch die tragischen Zäsuren des Zweiten Weltkrieges allmählich in den Hintergrund gerückt wurde. Nach diesem Vorfall erlosch im Preuneggtal und im Giglachkessel jede Abhaltung von Skikursen. Heute erinnert uns nur mehr je eine Gedenktafel oberhalb des Ursprung-Parkplatzes und im katholischen Friedhof von Schladming an die ungestüme Macht des "Weißen Todes", der uns inzwischen gelehrt hat, dass er zum unberechenbarern Begleiter aller winterlichen Freuden geworden ist. Weil die Gedenktafel im katholischen Friedhof von Schladming im Laufe der Jahrzehnte unleserlich geworden ist, hat sich die Sektion Schladming des Oesterreichischen Alpenvereins bemüht, diese Gedenkstätte zu erhalten.

Mit der Zusage einer Kostenübernahme durch die MA 7 - Kultur und Denkmalpflege der Stadt Wien - wurde diese Tafel 2000 restauriert. Am Samstag, dem 11. März 2000, wurde im Rahmen einer Abendmesse um 19 Uhr in der katholischen Stadtpfarrkirche Schladming dieser neun Lawinenopfer gedacht und anschließend ein Kranz bei der Gedenktafel niedergelegt. Der Autor dieses Beitrags wollte damit zum Ausdruck bringen, dass Schladming nicht nur rauschende Skifeste feiern kann, sondern auch den Opfern aus der Pionierzeit des Skisportes einen ehrenden Platz einräumt.

Von der Lawine wurden in die Tiefe gerissen

Erika v. Littrow, Studentin, 25 Jahre alt
Heinz Hampel, Student, 23 Jahre alt
Maria Gruber, Studentin, 18 Jahre alt
Das Ehepaar Franz und Hedi Sarrer, beide 25 Jahre alt
Paula Wiskocyl, 23 Jahre alt
Alois Krenn, Student, 20 Jahre alt
Otto Fiala, Beamter, 21 Jahre alt
Otto Gabriel, Student, 22 Jahre alt

Quellen