Bruderlade

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Als Bruderladen bezeichnete man seit dem späten Mittelalter Sozialeinrichtungen an Bergbau- und Industrieorten. Diese gab es durchaus häufig, aber sehr selten haben die dafür genutzten Objekte den Wandel der Zeiten so eindrucksvoll überstanden wie die Schladminger Bruderlade.

Der Begriff

Der Begriff erinnert zum einen an die schon im Mittelalter auftretenden, häufig berufsständisch gegliederten Gemeinschaften, die meist mit sozialen und religiösen Zielsetzungen ausgestattet waren. Oft spielten sie auch im Gemeinschaftsleben eine wichtige Rolle. Zum anderen handelte es sich um eine oft recht kostbar und kunstvoll beschaffenen Truhen. Darin bewahrten die verschiedenen Berufsverbände, die Zünfte und Gilden, ihre Finanzen und wichtigen Papiere auf.

Die Aufgaben

Zunächst sorge die Schladminger Bruderlade für erkrankte, durch Arbeitsunfälle verletzte oder bleibend arbeitsunfähg gewordene Bergleute. Diese Personen konnten im Bruderladenhaus wohnen, wurden dort verpflegt und medizinisch betreut. Die Finanzierung erfolgte - ähnlich wie in heutigen Modellen der Sozialversicherung - arbeitgeber-/arbeitnehmeranteilig - der sogenannte "Bruderladengroschen" wurde von der Löhnung der Bergleute einbehalten. Die Inhaber der Bergrechte bzw. deren Nutznießer führten ihre Beiträge über den für die Verwaltung zuständigen "Bruderladenmeister" ab. Nicht immer freiwillig, wie schriftliche Hinweise von manchen Bruderladen belegen. Eine andere, ebenso wichtige Einnahmequelle für die Bruderlade waren die Einkünfte aus Testamenten, Schenkungen und Stiftungen.

Weitere Aufgaben lagen in besonderen Zuwendungen an betreute Personen zu wichtigen Anlässen (meist im Zusammenhang mit kirchlichen Festen). Bergmannswitwen, deren Ehemann ein Bergmann war, der an Unfallfolgen oder Krankheit verstarb und eine unversorgte Familie hinterließ, sowie deren Kinder (wenn also ein Bergmann an Unfallfolgen oder Krankheit verstarb und eine unversorgte Familie hinterließ) konnten ebenfalls im Bruderladenhaus wohnen und wurden betreut. Manchmal nur als erste Nothilfe. Die Bruderlade beteiligte sich auch an der würdigen Bestattung von Bergleuten und an der Gestaltung wichtiger Kirchenfeste.

Über all diese Funktionen und Kosten geben erhaltene Rechnungsbücher der Bruderlade aus dem 17. und 18. Jahrhundert Auskunft.

Die Frage nach dem Ursprung dieser sozialen Einrichtung beantwortet G. Pferschy in einer Abhandlung über dies sozialen Einrichtungen der Bergarbeiter so[1].

Die Selbsthilfeorganisationen der Bruderbüchsen und Bruderladen dürften den Gebetsgemeinschaften des ausgehenden Mittelalters ihre Entstehung verdanken. Ursprünglich wohl um bestimmte Kirchen oder Altäre entstanden, bei denen die Mitglieder den Gottesdienst feierten und die Kirchenfeste gemeinsam begingen, steuerten sie zu deren Erhaltung und Ausschmückung oder zum Unterhalt eines Benefiziaten oder Kaplans zusammen, übernahmen aber auch bald karitative Aufgaben und halfen in Not geratenen Mitgliedern. Späterhin finden wir in den Abrechnungen solcher Bruderladen neben Ausgaben für kirchliche Zwecke und fallweise sogar für Schulmeister, Begräbniskosten für Bergleute, Spitalskosten, Zahlungen für verunglückte Bergleute, für Kranke, Arztkosten und Hilfen für sonst wie in Not geratene Mitglieder.

Aus diesen Anfängen, die schon im 16. Jahrhundert sichtbar werden, entwickelte sich im 18. Jahrhundert unter Einfluss der säkularisierenden Tendenzen der Aufklärung, welche die NützIichkeitserwägungen in den Vordergrund stellte, eine Vorform der Sozialversicherung mit fest umrissenen Rechten und Pflichten.

Die finanzielle Grundlage dieser Bruderladen bildete die regelmäßige Einzahlung eines bestimmten Teiles des Lohnes, anfänglich meist eines Pfennigs pro Woche, später waren es meist drei Kreuzer vom Gulden Verdienst. Dazu kamen Widmungen, Kapitalerträge und Strafgelder. Verwaltet wurden die Bruderladen von den Arbeitern selbst oder von den Gewerken, falls diese sich durch Zahlungen beteiligten, auch Mischformen kamen vor, fallweise war das Recht zur Bruderladenverwaltung sogar ein Streitgegenstand.

In der Führung der Bruderladen gab es auch feststehende Gepflogenheiten, die uns aus Bergbauakten im Steiermärkischen Landesarchiv in Graz überliefert sind. So wurde zum Beispiel die soziaie Betreuung armer, invalider Bergknappen, sowie der Witwen und Waisen auf ganz bestimmte Tage des Jahres verlegt. Die Gnadengeld- und Bruderschaftsrechnungen von Schladming weisen darauf hin, dass jeweils zur Fastnacht, am heiligen Osterabend, am Pfingst- und Jakobsabend, zu Matthäi, Martini und am heiligen Weihnachtsabend die Beteiligung der Bedürftigen erfolgte. Es wird bestimmt nur eine bescheidene Unterstützung gewesen sein für die Notlage, in welche die Familien der Bergknappen gerieten. Wie gefahrvoll die Arbeit besonders im Duisitzkar, nahe der Hopfriesen im Obertal, war, geht aus einigen Unfallmeldungen hervor, die in ihrer herben Sprache uns die Not und das Elend solcher verunglückter Bergleute in aller Härte vor Augen führt.

"Als Christof Schütter und Ruep Helpferer am Theositzkar Sprengpulver entzündeten, sind sie dadurch übel brennt worden. Die Elisabeth Reschin gab ihnen um 1 Gulden Prennsalbe.

Als Hans Jenepeck, gewester Erzknapp von Schwaz im tirolischen im Theositzkar in der Stainer-Zech auf Erz gearbeitet, ist unvermeinter eine Wand herdan gefallen und hat ihn an der Stell erdruckt.

Dem Simon Schießling hat die Gschwendt-Wand im Theositzkar beide FüB zerschlagen und zerschmettert. Den Georg Huber, Herrnarbeiter im Roßblei hat eine Wand vor der heruntern Gruben durch die Rinn hinabgeschlagen und ihm den Kopf all zerschlagen und viele Schramben und Wunden gemacht.

Der Martin Zechmann, ein alter, armer und krumper Perksmann ist am. 2. Februar 1653 gestorben. Von der Bruderlade win Begräbnis.

Auch der alte, arme Theositzkarzimmerer Peter Wintpacher erhielt am 10. Mai 1653 von der Bruderlade ein Begräbnis. Beim Zurichten eines Kohlhaufens ist der alte Bergmann Veit Reiterer über das Holz gefallen und hat sich die Rippen anbrachen. Dem Urban Anzinger, gewesenen Theositzkar-Huetmann ist am 7. Juni 1654 Ludwig Mäzinger, Wundarzt, in seiner schweren Krankheit beigestanden und hat für allerlei Arznei und Tränkl der Bruderlade seine Rechnung gesteilt.

Zum Schluss sei noch des über hundert Jahre alten Bergknappen Simon Reiter gedacht, der auf Grund seines Alters von den Schladminger Brudermeistern Christof Resch und Balthasar Gell ein Gnadengeld ausbezahlt bekam. Das Original der Gnadengeldquittung von 1637 liegt im Steiermärkischen Landesarchivauf und hat folgenden Wortlaut:

"Ich Simon Reiter alter und schwacher Pergsman zu Schladming Bekhen hiemit, Nachdem die hochlöbliche InnerösterreichischeHofkammer zu Gräz auf mein aller underthenigstes Supplicieren,als ainen alt und über 100 Jahre erlebten schwachen pergsman, mier von dem kayserlichen auf die armen perkhleüt deputierten gndengelt, wochentlich zwainzig Kreuzer gnedigist ervolgen zu lassen verwilliget. AIß haben die Ehrsamen Christof Resch und Balthasar Gell, beede ainer Ehrsamen Gsöllschaft zu ernennten Schladmingv erordneten Bruedermaistern, soliche obbemelte 20 kr von 5. July 1636 an biß 5. July 1637 geraicht und geben so zusamen bringt Benentlichen Sibenzechen Gulden 20 kr. Zu Urkundt dessen hab ich dise Quittung mit meinem gewendlichen pedschaft verfertiget. Actum Schladming den letzten July im Sechzechenhundert Sibenunddreißigsten Jahr."

Siehe auch

Quellen

Einzelnachweise

  1. "Der Bergmann, der Hüttenmann", Katalog zur 4. Landesausstellung 1968