Schladminger Zünfte

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Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Geschichte der Schladminger Zünfte.

Geschichte

"Herr Karl Schröckenfux, Hammergewerke in Schladming, von Mühlau in Admont gebürtig, gestorben am 24. März 1826, Karfreitag und Herr Josef Schröckenfux, Hammer- und Drahtgewerke in Mühlau, gestorben am 28. März 1826, Osterdienstag. Von Gattin, sieben Kindern vielbeweint, ruht hierein edles Brüderpaar. Wie treu ihr Bund im Leben war, hat sie der Tod noch mehr vereint."

So lautet die Inschrift auf einer Grabtafel die an der östlichen Außenseite der katholischen Stadtpfarrkirche Schladming angebracht ist. Und unmittelbar daneben erinnert uns ein Grabdenkmal an den im Jahre 1845 verstorbenen Hammergewerken Josef Hillebrand, von dem kaum bekannt ist, dass er der erste Ehegatte der großen Gönnerin der katholischen Kirche von Schladming Leopoldine Häußler, geb. Groinigg, war. Auch diese Grabstätte ist leicht zu finden - sie liegt am kleinen Wiesengrund neben der Apotheke, am Durchgang durch den Friedhof.

Diese Grabdenkmäler sind stumme Zeugen aus jener Zeit, da das Schladminger Wirtschaftsleben seine Impulse nicht mehr aus dem Bergbau empfangen hat, sondern schon mehr auf das kleinbürgerliche Gewerbe ausgerichtet war. Mit den verschiedenen Gewerben eng verknüpft war selbstverständlich auch das Zunftwesen, das für den Markt erhebliche Bedeutung hatte. Schladming war der Sitz einer Reihe von Zünften wie die der Pfannenschmiede, der Müller, Bäcker, Fleischhauer, Schuster, Schneider, Weber und der Huf- und Hackenschmiede. Zu ihren Mitgliedern zählten Gewerbetreibende die nicht nur im heutigen politischen Bezirk Liezen, sondern zum Teil sogar im Bezirk Leoben ansässig waren.

Die im Steiermärkischen Landesarchiv in Graz befindlichen Aufzeichnungen der Schladminger Zünfte gewähren einen interessanten Einblick in die Wirtschaftsgeschichte des Marktes vom 17 bis zum 19. Jahrhundert. Ein Großteil der Archivalien ist allerdings bei einer Brandkatastrophe, die im Jahre 1814 Schladming heimsuchte, vernichtet worden. Einen Hinweis darauf gibt eine Eintragung auf Seite 1 des "Jahressitzungs-Protokolls" von 1831 der Kupferschmied-Innung. Demnach mussten die meisten Protokollbücher neu angelegt und aus der Erinnerung der Handwerksmeister alle wesentlichen Ereignisse die sich seit 1814 innerhalb der Innung zugetragen hatten, protokoiliert werden.

Aufschlagzeichen (Firmenmarke) des Sensenhammerwerkes

Alle diese Nachträge sollten, wie es im Protokollbuch der Kupferschmiede geschrieben steht "auf Antrag der Mitglieder zur Emporbringung des Ansehens der privilegierten Zunft" geschehen.

Im Jahre 1831 gab es in Schladming drei Kupferschmieden. Sie wurden von Franz Ringler, Johann Schröckenfux und Mathias Fapichler betrieben. Das heutige Gasthaus Brunner – damals das Gast- und Brauhaus des Josef Rantner war nicht nur der gesellige Zusammenkunftsort der Schladminger Kupferschmiedemeister und Gesellen, sondern man fand sich dort auch beiden obligaten "Jahressitzungen" ein. Ein interessantes Detail am Rande ist auch den jährlichen Abrechnungen der Zunft zu entnehmen. Die Gattin des Wirtes - Sophie Rantner - führte nämlich, die Bezeichnung "Handwerksmutter" und erhielt als eine Art Anerkennungsgebühr für die gute Küchenführung von der Zunftkasse jährlich einen Gulden und 20 Kreuzer. Auch für die Kellnerin des Gasthofes Rantner wurden in der Jahresrechnung 40 Kreuzer ausgewiesen.

Wenn man in den alten Zunftakten nachliest, kommt man zur Erkenntnis, dass die oft gepriesene "gute alte Zeit" nicht immer so rosig war, wie sie manchmal verherrlicht wird. Die Arbeit in den Kupfer- und Eisenhammerwerken war hart und verlangte den ganzen körperlichen Einsatz der Belegschaft. Gesundheitliche Schäden zeigten sich oft schon früh bei den Hammerarbeiten und man wird sich erst dessen bewusst, wie notwendig einst der Jugendschutz in Handwerksbetrieben gewesen wäre, wenn man in den "Aufding- und Freysprechungsprotokollen" liest, dass Lehrjungen noch fast· im Kindesalter von zwölf Jahren in den Hammerwerken zur Arbeit eingestellt wurden. So kam es auch öfter vor, dass nach dem einstimmigen Beschluss der Handwerksmeister so mancher Junge eine Verlängerung seiner Lehrzeit bekam, da er wegen "Schwächlichkeit und Bresthaftigkeit" den Anstrengungen im Hammerwerksbetrieb noch nicht gewachsen war.

Harte Arbeit bringt oft auch rauhe Sitten mit sich und so kann man sich gut vorstellen, dass es bei den Handwerksburschen nicht immer nach feinster Art zugegangen ist. Dies geht auch aus einer "Norma" des Huf- und Hackenschmied- und Wagnerhandwerks zu Schladming aus dem Jahre 1748 hervor. In diesen in mehrere Abschnitte untergliederten Richtlinien für das standesgemäße Benehmen der Zunftmitglieder steht u. a. unter Punkt 5: "Alle bisherigen Streitigkeiten sollen aufgehoben werden und ist bei einer Strafe von sechs Talern verboten, dass keiner dem anderen von vorigen Zwistigkeiten etwas vorwerfe. Bei verspürendem Ungehorsam aber jedem Renitenden das Feuer samt der Eisenwaag zu sperren seyn werde."

Die schwere Arbeit beim Schmiedefeuer ließ natürlich auch die Kehlentrocknen und so dürfte des öfteren in Rantners Bräuhaus über das Maß getrunken worden sein, sonst würde Punkt 6 der "Norma" nicht eindringlich darauf hinweisen, dass "Privatsauferreyen in Zukunft gänzlich abgestellt werden sollen, damit man auf gute und bessere Wirtschaft trachte."

Was ist geblieben?

Wenn über ortsgeschichtliche Belange gesprochen wird, stellt sich immer wieder die Frage, was aus diesen oder jenen Begebenheiten heute noch erhalten geblieben ist. Über die Schladminger Zunftgeschichte sind wir verhältnismäßig gut unterrichtet, wenngleich, wie schon eingangs erwähnt, wertvolle Archivalien bei der Brandkatastrophe im Juni 1814 vernichtet wurden. Schon vor ungefähr 40 Jahren ist es dem Berichterstattergelungen, aus Schladminger Privatbesitz Zunftakten zu erwerben, die nun archivgerecht im Steierm. Landesarchiv in Graz unter "Herrenschaft Saurau-Schladming", Schuber 10-12 verwahrt sind. Im Landesmuseum Joanneum, Abt. Schloss Trautenfels befindet sich auch die Zunfttruhe der Leinweber und im Stadtmuseum Schladming die Zunfttruhe der Fleischer. Ebenfalls in Trautenfels sind die Zunftfahnen der Bäcker, Schuh- und Kleidermacher und der Schmiede verwahrt während sich im Schladminger Stadtmuseum die Zunftfahne der Leinweber befindet.

Die im Schladminger Museum befindliche Weberfahne trägt das Bild des heiligen Bischofs Ulrich, des Schutzpatrons der Leinenweber. Am unteren Bildrand steht: "Ulricus, Schutzpatron des ehrsamen Leinweberhandwerks 1877. Franz Baier, Webermeister zu Schladming".

Die Bäckerfahne im Trautenfelser Museum zeigt die Schutzpatrone dieses Gewerbes - Maria und Petrus. Die Schuh- und Kleidermacher wiederum haben auf ihrer Fahne die Zunftpatrone Lukas und Erhard, während auf der Schmiedefahne die Trinitatis (Dreifaltigkeit) dargestellt ist. Wenigen Schladmingern wird aber bekannt sein, dass der linke Seitenaltar im Chorraum der katholischen Kirche einst der Altar der Schladminger Zünfte war. Schon vom Jahr 1631 ist urkundlich nachgewiesen, dass die Mitglieder der Schuster-, Schneider- und Weberzunft an diesem Altar ihre Schutzpatrone verehrten. Später waren es auch die Schmiede, Bäcker und Fleischer. Dafür gibt es sogar noch sichtbare Zeugnisse, wenn man bei der Betrachtung der auf dem Altar dargestellten Heiligen sich an ihr Patronat erinnert. In diesem Zusammenhang ist zunächst das Altarbild, die Marienkrönung selbst zu erwähnen. Maria galt als Patronin der Schuster, Schneider, Schmiede, Hammermeister, Bäcker und Müller, also durchwegs Gewerbe, deren Zünfte zu dieser Zeit in Schladining ihren Sitz hatten. Am Altar befinden sich aber auch zwei künstlerisch wertvolle Holzplastiken aus der Zeit um 1740, deren Entstehung man der Werkstatt des Judenburger Barockbildhauers Balthasar Prandtstätter zuschreibt. Eine Figur stellt den hl. Nikolaus dar, der als Schutzpatron der Bäcker, Fleischer und Weber bekannt ist, die zweite Statue - der hl. Florian - warder Patron der Huf- und Hackenschmiede, sowie der Bäcker und Müller. Schließlich ist noch der hl. Lukas zu erwähnen, dessen Bild im Aufsatz des linken Seitenaltares der Schladminger Pfarrkirche zu sehen ist. Dieses Lukasbild mit Eisen und Schlägel ist ein Hinweis darauf, dass der Altar früher auch für die Schladminger Bergknappen bestimmt war.

Der hl. Lukas selbst steht als Schutzpatron in keiner Beziehung zum Bergbau.Mit aller Wahrscheinlichkeit kam das Bergbausymbol erst später auf das Lukasbild, vielleicht von dem Zeitpunktan, als dieser Seitenaltar Knappschaftsaltar geworden ist.

Wohl aber hat der hl. Lukas seinen berechtigten Platz auf dem Altar als Schutzpatron der Schuhmacher und Fleischer, jener Gewerbe, die auch in Schladming ihren Zunftsitz hatten. Es mag vielleicht auffallen, dass für verschiedene Zünfte jeweils nicht ein Schutzpatron, sondern manchmal auch zwei oder mehrere Heilige genannt werden (z. B. Weber: Maria und Ulrich, Schuhmacher: Maria und Lukas, Bäcker: Maria, Petrus und Nikolaus usw.). Die Erklärung hiefür ergibt sich aus der Entwicklungsgeschichte des Zunftwesens. Die Wahl eines bestimmten Patrons kannte kein starres System. Wohl wurde in erster Linie jener Heilige zum Schutzpatron auserkoren, dessen Leben oder Legende in Verbindung zu einem Handwerk gebracht werden konnte. Zusätzliche Schutzpatrone wurden auch im Laufe der Zeit ausgewählt, wenn ihre Verehrung im Volk aus verschiedenen Gründen plötzlich stark zugenommen hatte. Oft besann man sich auch auf den Pfarrpatron und stellte diesen dem "alten Schirmherrn" der Zunft zur Seite. Und schließlich blieb es auch nicht selten dem Gutdünken des Ortspfarrers vorbehalten, den Zunftmitgliedern einen bestimmten Heiligen zum neuen Schutzpatron ihrer Gemeinschaft vorzuschlagen.

Quelle