Ältestes fotografisches Ortsbild von Schladming

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Das bisher älteste fotografische Ortsbild von Schladming befindet sich im Bildarchiv der Schladminger Stadtchronik und ist eine fotografische Aufnahme von besonderem lokalgeschichtlichen Wert. Es handelt sich um ein Ortsbild das durch seine Aufnahmetechnik Details von Straßenzügen und Häusern erkennen lässt, die viele Neuerkenntnisse zur Ortsgeschichte einbringen.

Das Bild

Das Bild im Format 28 x 12,3 cm ist in der Art einer Panoramaaufnahme in zwei Teilen hergestellt worden, wobei die beiden Kopien (je 14 x 12,3 cm) bündig auf einem Karton zusammengeklebt .und mit der Unterschrift "Schladming" versehen wurden.

Der fotografierte Ortsbereich erstreckt sich vom ehemaligen Holzlagerplatz der Firma Seebacher (links) bis zum Garten des Stadtgemeindeamtes (rechts). Zur Zeit der Aufnahme war das ehemalige Jagdschloss Coburg noch nicht erbaut. Man erkennt aber deutlich das Anwesen vlg. Kürschner, welches 1882 Ludwig August Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha zum Abbruch für die Vergrößerung des Bauplatzes für das künftige Jagdschloss kaufte.

Fotograf und Entstehungszeit

Obwohl es keinen konkreten Hinweis auf den Fotografen gibt, kann man doch mit aller Wahrscheinlichkeit annehmen, dass es Oberlehrer Johann Bruckner war, der sich neben seinem Lehrberuf besonders in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts nebenberuflich als Fotograf in Schladming betätigte. Bei der Bestimmung, wann die Fotografie entstanden sein könnte, ist man zunächst auch nur auf Vermutungen angewiesen, doch lassen sich diese unter Berücksichtigung verschiedener lokalgeschichtlicher Ereignisse weitgehend präzisieren.

Zunächst ist auf dem Foto gut erkennbar, dass es zur Zeit der Aufnahme noch keine Eisenbahn gegeben hat - die Linie Selzthal-Bischofshofen wurde im Jahre 1875 eröffnet. Bereits zwei Jahre vorher (1873) wurde mit den Vorarbeiten für die Aufschüttung der Trasse begonnen. Auch davon sieht man auf dem Foto noch nichts.

In den Jahren 1870/71 ereigneten sich in Schladming Großbrände, bei denen zahlreiche Häuser im Ortskern arg in Mitleidenschaft gezogen wurden. Bedenkt man, dass der Wiederaufbau nach Bränden in früheren Zeiten nicht so rasch wie heute vollzogen wurde, am Ortsbild aber nichts von Brandruinen oder Baustellen zu sehen ist, kann man annehmen, dass die Aufnahme vor 1870 gemacht worden sein muss.

Charakteristik des Ortsbildes

Von auffallender Einheit präsentieren sich die Häuser innerhalb der ehemaligen Stadtmauer. Die Gebäude tragen durchwegs Steildächer, wobei die Dächer der Eckhäuser abgewalmt sind. Ausnahmen sind nur die "Alte Post", das heutige Apothekenhaus und ein Haus in der Steirergasse neben der heutigen Volksbank. Diese sind Flachdachhäuser mit Legschindeln, die dem bayerisch-salzburgisch-tirolischen Haustypus angehören. Interessant ist auch, dass dieser Haustypus - von denoben genannten Ausnahmen abgesehen, nur außerhalb der ehemaligen Stadtmauer vertreten war (Bild 2). Besondere Beachtung verdient das Haus "Alte Post" auch deshalb, weil man auf dem Foto noch sehr deutlich die Form des sogenannten "Einhofes" (Wohn- und Wirtschaftsgebäude unmittelbar hintereinander gebaut mit einer Firstrichtung), sieht. Gut erkennbar ist ebenso der Posthof (links), der Einstellplatz für Wagen und Pferde der Poststation.

Interessant ist auch der Bildausschnitt, der den Bereich der Kohlgrube zeigt (Bild 4). Deutlich sind links von der katholischen Kirche noch die Knappenhäuser zu sehen und dahinter am Ufer der Enns Baumstämme vor einer Brücke (heute Ramsauerbrücke). Es ist bekannt, dass Holz bis nach Hieflau geflößt wurde, um dort für die Befeuerung der Eisenwerke zu Holzkohle verarbeitet zu werden. Kohlenmeiler gab es natürlich genauso in Schladming (daher der Name Kohlgrube), denn auch hier waren eisenverarbeitende Betriebe, die mit Holzkohle befeuert wurden.

An der Mündung des Talbaches in die Enns sieht man auf dem Bildausschnitt (4) große Mengen von Holz das zur Trift bereitliegt. Der Bereich des ehemaligen "Russenteiches", wo bis vor einigen Jahren das Feuerwehrdepot stand, hieß im Volksmund wegen des Holzstapelplatzes "die Lend".

Die hier besprochene Fotografie von Alt-Schladming ist wie schon eingangs erwähnt, ein wertvoller Beitrag zur Ortsbildsammlung des Stadtarchivs; der nur dann eine sinnvolle Weiterführung gesichert ist, wenn auch künftighin aus allen Bevölkerungskreisen Bildmaterial zur Verfügung und Auswertung gestellt wird.

Quelle