Kulm-Trafik

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Kulm-Trafik

Mit der Schließung am 30. Juni 2023 der Kulm-Trafik in Ramsau am Dachstein endete ein Stück Ramsauer Geschichte.

Über die Kulm-Trafik

Über Jahrzehnte hinweg gehörte die "Kulm-Trafik" zum Ortsbild des Ramsauer Ortsteils Kulm. Nach mehr als neun Jahrzehnten wurde das über vier Generationen geführte Geschäft geschlossen.

2023 gab es in Österreich rund 2 000 Trafiken, jedoch ist die Anzahl in den letzten Jahren stark rückläufig. Ursprünglich wurden ab der Einführung des Tabakmonopols die Trafiken an Kriegsinvalide und Kriegerwitwen vergeben. In der Ramsau gab es die - damals einzige - "Tabaktrafik" schon vor rund 90 Jahren. Das Geschäft war ein kleiner Zubau an ein Lebensmittelgeschäft, von den Einheimischen liebevoll als "Kramerl" (Krämer) bezeichnet. Geführt wurde es von der "Frau Anna" in Alleinregie. Nach dem Ersten Weltkrieg übergab sie das Geschäft an Franz Schrempf, der mit einer Fußverletzung aus dem Krieg heimgekehrt war. Für den in den Anfangsjahren steckenden Fremdenverkehr war die Trafik für die Gäste wichtiger Bestandteil in ihrem Urlaub und für Franz und seine Frau Mirzl eine gute Einnahmequelle. An Zeitungen wurden die "RZ" (Romanzeitung) vornehmlich für die Frauen und die "Wochenschau" als wöchentliche Informationsquelle verkauft. Man erinnert sich daran, dass die Leute meist schon jeden Mittwoch entgegenfieberten, als die Zeitungen erschienen.

Nachfolger der beiden wurde Sohn Franzi, der sich allerdings nach einigen Jahren zurückzog und ab 1988 seine Schwester Annemarie mit der Führung betraute. Mittlerweile handelte es sich nicht mehr um einen reinen "Tabakladen" mit zwei Wochenzeitungen, das Sortiment war durch Tageszeitungen, Magazine und Fachzeitschriften, Souvenirs, Ansichtskarten und Briefmarken sowie Büroartikel erweitert worden. Auch die damals noch für gewisse Dokumente, zum Beispiel Zulassungsscheine für Kraftfahrzeuge, vorgeschriebenen Stempelmarken,[1] wurden verkauft. Konnte anfangs nur auf Fußballwetten/Toto gesetzt werden, erweiterte sich das Glücksspielangebot später um Lotto, Euromillionen und Gewinnlose. Der Verkauf der Autobahn-Vignetten war ein zusätzliches Service.

Als Annemarie zu Jahresbeginn 2015 in Pension ging, lag es an ihrer Tochter Manuela, die Trafik zu übernehmen. Leichter wurde es aber den Trafikanten nicht gemacht: Durch das Rauchverbot in Lokalen ging der Zigarettenverkauf merklich zurück und während die großen Lebensmittelgeschäfte ihr Sortiment, wie etwa Backwaren, Elektrogeräten, Kosmetik, Blumen, Textilien, erweiterten, eröffnete sich mit dem Verkauf von Zeitungen und Magazinen ein Konkurrenzfeld zu den Trafikanten. Im Fall der Kulm-Trafik kam dazu, dass die gegenüberliegende Bäckerei zusperrte und die Lifte auf den nahegelegenen Kulmberg ihren Betrieb einstellten. Die Besucherfrequenz ging in der Folge zurück.

Manuela erkannte rechtzeitig die Zeichen der Zeit und begann neben ihrem Beruf die dreijährige Ausbildung zur Sozialpädagogin an der BAfEP in Liezen. Vor kurzem hatte sie die Kurse mit Erfolg abgeschlossen - und abgeschlossen und zugeschlossen hat sie mit 30. Juni auch das Kapitel "Kulm-Trafik". "Leicht ist mir der Entschluss nicht gefallen, aber jetzt bin ich irgendwie froh", stellte Manuela im Gespräch mit dem "Ennstaler" fest. Wieder ein Geschäft weniger im Ortsteil Kulm, wieder das Ende eines Stücks Ramsauer Geschäftswelt.

Quelle

  1. Stempelmarken gab es für viele Dinge; so musste man monatlich eine Marke als Kfz-Steuer in eine Karte kleben, die der Autofahrer mit sich führen musste; auch Dienstzeugnisse waren stempelmarkenpflichtig;