Zum Fressen gern

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Erwin Wurm, One minute sculptures, made for Admont
Köpcke & Weinhold, Stilleben

Zum Fressen gern war der Titel der Sonderausstellung 2016 im Benediktinerstift Admont.

Die Ausstellung(en)

Die leidenschaftliche Bekenntnis "Zum Fressen gern" ist das Motto für die Ausstellungssaison 2016 im Stift Admont, die am 20. März begann. Vor kurzem waren gefräßige "Bücherwürmer" in der Stiftsbibliothek am Werk, die nicht der Wissenshunger trieb, sondern ihre Gier nach Papier und Knochenleim. Den Schädlingen konnte man fachgerecht den Garaus machen. Aber damit fing die Arbeit erst richtig an. Buch für Buch, Seite für Seite wurde in der vergangenen Saison begutachtet, gereinigt und wenn nötig aufwändig restauriert. Dieses Thema bildete den Ausgangspunkt für die facettenreiche Sonderausstellung 2016. In mehreren Bereichen des Museums wurde die Liebe zum Fressen aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet.

Barocke Säulenhalle

An allem nagt der Zahn der Zeit. Vergänglichkeit stellt eine Herausforderung dar. Sie ist unabänderlich, hat aber auch ihre Reize. Anhand von befallenen historischen Büchern und naturkundlichen Schaupräparaten wird im Ausstellungsteil in der barocken Säulenhalle der Kreislauf des Lebens sichtbar. Es wird deutlich, welche Herausforderung es im musealen Alltag ist, Jahrhunderte alte Bücher zu schützen und für künftige Generationen zu bewahren. Besucher gewinnen einen Einblick in die Arbeit von Schädlingsbekämpfern und erfahrenen Restauratoren. Welche Art von Schädlingen gibt es eigentlich? Welchen Lebensraum bevorzugen sie? Als wissenschaftliches Anschauungsmaterial werden Leihgaben aus dem Senckenberg Museum für Naturkunde in Görlitz heran gezogen. Die Sonderausstellung "Zum Fressen gern" ist somit eine interessante und harmonische Aufarbeitung des Schädlingsbefalls der Bibliothek zwischen Kunst und Natur.

Aus dem reichhaltigen Fundus des Museums schöpften die Berliner Künstler Sebastian Köpcke und Volker Weinhold ihre kulinarische Inspiration. In großformatigen Fotografien erschuffen sie Stillleben, die in prachtvoller Detailgenauigkeit der musealen Sammlungsstücke als Zutaten für ein opulentes Menü verwenden. In diesen sorgsam inszenierten Bildern erschien manch Vertrautes in neuem Licht. Anklänge an die Küchen- und Jagdstillleben der Renaissance und des Barock waren mit Bedacht gewählt. Sachliche Reduzierung und fotografische Präzision verwiesen jedoch deutlich auf die Gegenwart. Die Fotografien schlugen zugleich eine Brücke von der kulturhistorischen Ausstellung zur Gegenwartskunst. Sie machten einmal mehr den themenübergreifenden konzeptionellen Anspruch des Museums im Stift Admont deutlich.

Naturhistorisches Museum

Zahlreiche Zugänge zum Jahresthema fanden sich auch im Naturhistorischen Museum mit den zahlreichen Präparaten fressbarer und gefräßiger Tiere. Besonders eindrucksvoll war die Installation mit den 243 Wachsobst-Früchten von Pater Constantin Keller (* 1778; † 1864). Neu war eine Leihgabe des Naturhistorischen Museums in Wien. Der "Springende Löwe" unterstrich den Aspekt "Fressen und Gefressen werden" in einer beeindruckenden Art und Weise.

Handschriftenraum

Schon in den biblischen Schriften repräsentieren die Tiere einen wesentlichen Teil der Schöpfung und stehen in enger Beziehung zu den Menschen. Im Handschriftenraum befand sich eine Auswahl an Büchern aus den Stiftsbeständen zum Thema "De naturis animalium – Über die Eigenschaften der Tiere". Besucher konnten sich über die symbolische, naturwissenschaftliche und medizinische Bedeutung der Tiere, deren Haltung und nutzbringenden Einsatz aus der Sicht unserer Vorfahren informieren.

Künstlerische Intervention im Kunsthistorischen Museum

Götz Bury vermittelte eindringlich sein Motto "Gut leben ohne nix". Im Kunsthistorischen Museum hatte er eine eigene Version der Wunderkammer geschaffen. Sie stand im verblüffenden Dialog mit der Schatzkammer. Ausgangsmaterial für dieses prachtvolle "Galadiner" waren alte Küchen- und Haushaltsgeräte, ausrangierte Waschmaschinentrommeln, Küchenspülen-Bleche, Staubsaugerrohre und Türen, sowie weitere "recycelte" Wegwerf-Artikel.

Museum für Gegenwartskunst

Kochen ist wohl die älteste schöpferische Tätigkeit des Menschen. Im Ausstellungsjahr 2016 wurden aber auch weitere Aspekte des Fressens und Gefressen-Werdens, nobler und skurriler Speisen, entrückter und verrückter Essens-Perpektiven angesprochen. Admonter Mönche, die mit Essbarkeiten als "One Minute Sculptures" agieren? Oder Spaghetti-Nudeln als Mikadostäbchen? Ameisen, die Zucker-Architekturen abtragen, zerfressen und den Baustoff in die Nahrungskette eingliedern? Oder wie wäre es damit: Röntgen-Computertomographien von Big Macs, Hamburgern? Eine Küche wie Frauen sie sich wünschen? Ein Kochperformance-Video "...in dem ein schwer verdauliches Buch gekocht und verspeist wird?"

Wo blieb der Ernst? Anhand von "Fastfood" konnte auch das Verhältnis von Nahrung und Ökologie thematisiert werden. Ein 3 000 km Roadtrip von 20 Tonnen Tomaten von der Türkei bis nach Wien karikierte den Wahnsinn unserer Konsumwelt. Ein "Hostienalbum" verwies auf Parallelen von banalen Handlungen in der Küche zu Zeremonien der Messfeier. Besucher hörten Tischgespräche zu "aufgetischten" Themen, so essentiell, wie das tägliche Brot: Hunger, Flucht, Verlust, Tod, Geburt, Hoffnung, Gespräch, Hilfe, Ankommen.

Wie stand es mit dem Wirkgefüge von Kunst, Wissenschaft, Natur? Sogar die Untersuchung des Fressverhaltens von Käfern oder der Kommunikationsprozesse von Bakterien konnte zum Ausgangspunkt der Bildproduktion werden. Leben schafft Leben bildet Leben ab.

Es durfte auch ein riesiges hungriges Scherenschnitt-Krokodil nicht fehlen – und auch kein Menschenfresser, keine wilden Wirtshaus- und keine Jagdszenen. Dagegen wirkten die miniaturistischen Darstellungen asiatischer Essens-Szenarien wieder so richtig beruhigend. Essen Sie ruhig! Und denken Sie immer daran: Wir bestehen aus dem Gegessenen!

Mit Werken von

Götz Bury, Johannes Deutsch, Christian Eisenberger, Maria Hahnenkamp, Lisa Huber, Alfred Klinkan, Lena Knilli, Sebastian Köpcke & Volker Weinhold, Edgar Lissel, Alois Mosbacher, Anton Petz, Michael Pisk, Wendelin Pressl, Hannes Priesch, Hubert Schmalix, Ernst Schmid, Deborah Sengl, Gabriele Sturm, Suvat, Erwin Wurm, Fabio Zolly.

Öffnungszeiten

20. März bis 31. Oktober 2016, täglich 10 bis 17 Uhr

Weblinks

Quelle