Trachtenkundliches aus Reiseberichten und Tagebüchern

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Dieser Artikel beschäftigt sich mit Trachtenkundlichem aus Reiseberichten und Tagebüchern im Ennstal.

Einleitung

Die Trachtenpflege zählt bekanntlich zu einer der Hauptaufgaben jedes Heimatvereines. Daher soll auch die Kenntnis über die Entwicklung der Tracht von nicht hoch genug einzuschätzender Bedeutung sein. Freilich kann man nicht von jedem Trachtenträger voraussetzen, dass er über die Entwicklung seiner heimatlichen Tracht umfassend informiert ist. Dennoch sollte man aber nicht außer Acht lassen, die zahlreichen historischen Hinweise in der Vereinsgemeinschaft zu sammeln und fallweise zu besprechen, um dadurch einen Überblick zu gewinnen, welche Voraussetzungen es in der Entwicklung der Tracht des eigenen Heimatbereiches gegeben hat.

Schon aus den zahlreichen noch erhaltenen Reiseberichten und Tagebuchaufzeichnungen der letzten hundert Jahre ist ersichtlich, welche Veränderungen die bodenständige Bekleidung im Laufe der Zeit mitgemacht hat. Damit soll auch gesagt werden, dass die Tracht auch räumlichen und zeitlichen Veränderungen unterworfen ist und in ihrer Erscheinungsform sich im Laufe der Zeit vielfältig verändert hat. In der Folge wollen wir nun einige Beispiele aus Reiseberichten und Tagebüchern bringen, die das oben Gesagte bestätigen.

Beispiele aus Reiseberichten und Tagebüchern

1796 schreibt Lorenz Hübner über die Kleidung der Bevölkerung im obersten Ennstal:

"Die Kleidung der Männer ist noch immer mehr von schwarzem als grauem Loden; die Röcke sind lang mit geschlossenen Ärmeln, welche vielfällig mit grünen Aufschlägen vorgeschossen sind. Von den ganz geschlossenen Brustflecken fängt der Vermöglichere an abzukommen; trägt Leibstückchen mit Knöpfen von Zinn, seidene Hosenträger, schwarzlederne enge Hosen und ahmt überhaupt den Landmann nahe den Städten nach. Die Weiber übertreiben den Kleiderputz von Zeit zu Zeit mehr. Selbst die Dirnen kleiden sich besser, als sie nach ihren Einkünften sollten."

Diese Beschreibung ist zweifellos auf den Markt Schladming bezogen, der durch seine Bergbaue in den Schladminger Tauern auch in der Bevölkerung eine gewisse Wohlhabenheit erkennen ließ. In einer von Erzherzog Johann angeregten Trachtenbeschreibung vom Jahre 1810 lesen wir über die Bekleidung der bäuerlichen Bevölkerung in Schladmings Umgebung:

"Unter den Kleidungsstücken werden von den Einwohnern Hüte, Hauben und Schuhe aus Stroh verfertigt. Die gewöhnliche Kleidung der Mannspersonen ist: ein schwarzer, nicht ganzbreiter oder auch grüner Hut; ein weißgrauer Rock mit schwarzer Einfassung, ein seidenes rotes Halstuch; eine zeugene Weste mit lichten Knöpfen, von welchen einige offen gelassen werden; eine lederne Hose, weißwollene Strümpfe und niedere Bundschuhe. Die weibliche Kleidertracht besteht gewöhnlich: am Kopfe aus zweyen Haarzöpfen, welche ober dem Genicke um eine breite Haarnadel gewunden werden. Die Bedeckung des Hauptes ist ein an beiden Seiten abhangender Strohhut mit einer breitenschwarzen Einfassung und ganz niederem Hutgupf, der an den Kopfhaaren mit einer Nadel angeheftet wird; mit welchen sie den ganzen Tag, selbst am Tische zu den Mahlzeiten bedeckt bleiben. An Sonntagen und zu Festlichkeiten werden auch Hauben mit Spitzen und Filzhüte getragen. Die übrige Kleidung ist gewöhnlich von dunkler Farbe mit weißen gemodelten Strümpfen und niederen Schuhen."

Auch aus dem Jahr 1818 ist uns eine Beschreibung überliefert, die im Auftrag Erzherzog Johanns verfasst wurde und sich auch auf das Gebiet um Schladming bezieht:

"Sie verfertigen aus selbsterzeugter Wolle eine Art Tuch (Loden genannt) zu Röcken und anderen Kleidungsstücken, welches gar nicht gefärbt, sondern durch Mischung der weißen und schwarzen Wolle gleich anfangsmeliert wird. Aus zarten Strohhalmen flechten die Mädchen Strohhüte, welche eine ganz eigene, gar nicht üble Form haben und der ganze Kopfputz der hiesigen Weibspersonen sind. Auswendig sind sie bis auf den Stock mit schwarzem Kattun überzogen, inwendig aber beiden Mädchen mit einem roten, bey den Weibern mit einem dunklen Zeug gefüttert."

In Johann Nepomuk Vogls "Osterreichischen Volkskalender für das Schaltjahr 1848" findet sich von L. Schreyer eine auf das Gebiet von Schladming bezogene Trachtenbeschreibung:

"In jenem gebirgsreichen Winkel des Judenburger Kreises, welches die Poststraße nach Radstadt, der aus dem salzburgischen kommenden Enns entgegeneilend, durchschneidet, liegt der Markt Schladming. Mindergesprächig und zutunIich sind die Leute als ihre Landsmänner im Osten, tragen sie in ihren Antlitzen den Ernst der Bergleute ausgeprägt. Die Trachten bilden einen entsprechenden Rahmen zu den Charakterzügen der hier Lebenden, denn die Männer stecken in langen grauen Überröcken, bis an die Waden, welche schwarz ausgeschlagen und mit Steifkrägen, die bis über das Ohr hinauf reichen, versehen sind.

Die Weiber tragen nebst den kasquetartigen Florhauben ungeheuere schwarze Scheiben mit ganz niederem Kopfdeckel, zu beiden Seiten etwas abwärts gebogen, um sich gegen die Sonne zu schützen. Die kräftigen Gestalten sind von formlosen Kleidern umhüllt und manches zarte Mädchengesicht lugt aus der dunklen Hutscheibe klaräugig hervor."

Wie man sieht, haben sich manche trachtliche Eigenarten aus dem Schladminger Gebiet vom Beginn bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts noch weitgehend erhalten. Die schwarz ausgeschlagenen Männerröcke weisen deutlich auf die trachtliche Nachbarschaft zu Salzburg hin. Die Vorliebe zu dunklen Farben kann zum Unterschied östlicher Gebiete des Enntales als trachtliche Besonderheit des an Salzburg grenzenden Ennstales bezeugt werden.

Quelle