Stromversorgung im Bezirk Liezen

Die Stromversorgung im Bezirk Liezen begann 1892.

Einleitung

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ergab sich mit der Weiterentwicklung der Glühlampe der Bedarf, eine große Zahl von Kleinverbrauchern mit elektrischer Energie zu versorgen, nachdem bis dahin nur mögliche eigene Stromversorgung – über Batterie – unrentabel war. Auch für den mechanischen Antrieb von Maschinen in den Betrieben, zu dieser Zeit nur mit Wasserrädern (Standortbindung) oder Dampfmaschinen möglich, wollte man Elektromotoren einsetzen, und musste deshalb ein elektrisches Kraftübertragungssystem (Generator – Leitung – Motor) aufbauen, wie es auf der Wiener Weltausstellung 1873 gezeigt wurde. Und so entstanden die ersten öffentlichen Elektrizitätsversorgungen; 1818 in England und fünf Jahre später in Österreich.

Auch im Bezirk Liezen beschäftigten sich private Unternehmer mit solchen Projekten, wobei in Bad Aussee bereits 1892 die Stromversorgung aufgenommen wurde. Schladming folgte 1897 und war damit vor Liezen (1904) und Rottenmann (1906).

Dass man um die Jahrhundertwende mit elektrischer Beleuchtung noch Werbung machen konnte, geht aus einem Inserat des Schladminger Verschönerungsvereins im Grazer Volksblatt von 1901 hervor.

Der Beginn

Als am Abend des 17. August 1897 das Rohrmooser Schlössl von etlichen Glühlampen angestrahlt, besonders hell von der Anhöhe ins Tal leuchtete, begann für Schladming die öffentliche Stromversorgung.

Dies brachte der Kupferschmiedemeister Ferdinand Koller, dem auch das Hammerwerksgebäude (Seebacher Säge) sowie ein Wasserrecht am Talbach gehörte, zustande. Ihm zur Seite stand der Landwirt und spätere Elektrotechniker - er erlernte als Dreißigjähriger das Installationshandwerk - Matthias Gföller.

Mit welchen Schwierigkeiten die Gründer des "Elektrizitätswerk Schladming, Kofler & Gföller" zu kämpfen hatten, geht daraus hervor, dass die Sparkassen für ein so gewagtes Unternehmen keinen Kredit gewährten, und die Fertigstellung nur mit einem Privatgläubiger erfolgen konnte. Auch mussten die Investitionen für die Netzerweiterung verkraftet werden, weil über den Tarif nur ein Teil der Kosten herein zu bringen war; denn nur mit einem entsprechend niedrig gehaltenen Tarif konnten neue Kunden gewonnen werden. Aus den alten Stromlieferungsbedingungen geht hervor, dass in den ersten Jahren hauptsächlich Glühlampen und nur wenige Motoren, angeschlossen waren, denn eine Einstellung der Belieferung zur Tageszeit an Sonn- und Feiertagen, bzw. täglich mittags eine Stunde lang war wohl nur unter diesen Voraussetzungen möglich. Auch Unterbrechungen in der Größenordnung von 14 Tagen sind für die damalige Zeit, wegen des Fehlens jeglicher Reserve, zu verstehen, heute aber schlicht unvorstellbar.

Die Entwicklung

Die Ausbauten am Kraftwerk Talbach machen die leistungsmäßige Entwicklung des Netzes gut sichtbar, wenngleich eingeschränkt werden muss, dass im Winter nur ein - allerdings relativ großer - Teil dieser Leistung zur Verfügung stand. Schon 1903 wurde die Kraftwerksleistung von ursprünglich 65 PS (48 kW) auf 80 PS (59 kW) erhöht. 1926 erfolgte der Ausbau auf 166 PS (123 kW) und der Übergang von Gleichstrom auf Drehstrom. Mit der Installation eines zweiten Maschinensatzes im Jahr 1931 konnte eine Leistung von 345 PS (260 kW) erreicht werden, womit auch die Einbeziehung der Ramsau in die Elektrizitätsversorgung möglich wurde. Rohrmoos-Untertal folgte 1943 und kurz darauf Haus und Pichl-Mandling, wobei in diesen Gemeinden bereits Teile von privaten Wasserkraftanlagen versorgt waren.

Voraussetzung für diese Ausdehnung der Stromversorgung durch das E-Werk Schladming, Kofler & Gföller, war der 1940 erfolgte Bau der 30 000-V-Versorgungsleitung durch das obere Ennstal und damit der Anschluss an das öffentliche Netz der STEWEAG. Der weitere Ausbau der Netze und die steigende Anschlusswerterhöhung in allen Bereichen wirkten sich - trotz des 1953 getätigten Ausbaus des Kraftwerks Talbach auf eine Leistung von 450 kW - so aus, dass die Bedeutung dieses Kraftwerkes immer weiter zurück ging und mehr Energie zugekauft werden musste. Als schließlich die Grenze der Übertragungsfähigkeit der 30 000-V-Leitung erreicht und damit eine gesicherte Stromversorgung nur noch mit der Errichtung eines 110 000-V-Stützpunktes in diesem Gebiet aufrecht zu erhalten war, wurde die Versorgung 1970 an die STEWEAG übergeben.

Mit der Inbetriebnahme des Umspannwerkes in Haus im Ennstal und hohen Investitionen in den Anlagen und Leitungen im gesamten Versorgungsgebiet wurden die Voraussetzungen geschaffen, die gewaltigen Zunahmen des Bedarfs an elektrischer Energie decken zu können. Die weit über dem Durchschnitt liegenden Zuwachsraten sind nur zum Teil in einem gewissen Nachholbedarf begründet, sicher spielt die erfreuliche Zunahme im Fremdenverkehr eine große Rolle. Das Überschreiten des Jahresverbrauches von über 60 Millionen kWh in diesem Gebiet zeigt gegenüber den im Kraftwerk Talbach erzeugten zirka drei Millionen kWh jährlich recht deutlich, wie bescheiden der Beitrag dieses – ursprünglich so wichtigen – Kraftwerkes zur Bedarfsdeckung geworden ist.

Das weitere für die Stromversorgung eines Teiles der Dachstein-Tauern-Region wichtige Unternehmen ist das Elektrizitätswerk Gröbming, das 1909 am Sattentalbach ein Kraftwerk baute und 1910 Gröbming belieferte. Es folgten 1925 Mitterberg und Öblarn, 1940 Aich-Assach und 1954 die Sölktäler, wobei zum Teil schon private Versorgungen bestanden.

Besondere Bedeutung für die Stromversorgung des oberen Ennstales kommt dem Kraftwerk Sölk zu, das 1978 in Betrieb ging und bei einer Leistung von 61 000 kW rund 206 Mo. kWh in das steirische Netz liefert. Auch das Kraftwerk Mandling (seit 1985) trägt mit seiner Leistung von 6 100 kW und dem Jahresarbeitsvermögen von 23,5 Mio. kWh zur Versorgungssicherheit des Raumes bei.

Ausblick

Trotz der erzielten Einspareffekte, z.B. bei den Haushaltsgeräten, ist der Stromverbrauch in den 1960er und 1970er Jahren stark und in den 1980er und 1990er Jahre leicht gestiegen. Auch weiterhin ist mit geringen Steigerungen zu rechnen, weil Strom universell einsetzbar ist und andere Energiearten damit ersetzbar sind. So wird beim Energiesparen zum Teil Strom zusätzlich eingesetzt, wie etwa bei industriellen Steuerungen oder der Wärmepumpe. Aber auch die Entwicklung der Telekommunikation lässt vermehrte Stromanwendungen in der Zukunft erwarten.

Für die Abdeckung des Bedarfs und den Ersatz alter Kraftwerke wird man entweder radikale Sparprogramme fahren oder auf Sicht neue Kraftwerke bauen, bzw. die fehlende Strommenge im Ausland kaufen müssen. Bei neuen Kraftwerken wird es auf die optimale Einpassung derselben in die Umwelt, sowie eine gute Ausnützung der Primärenergie bei kalorischen Kraftwerken (Anwendung der Kraft-Wärme-Kopplung) ankommen.

Ein solches Werk – auf Biomassebasis – ist derzeit für Schladming in Planung, um der Bevölkerung umweltfreundliche Fernwärme anbieten zu können. Wie sich die Öffnung des Strommarktes durch die Europäische Union auswirken wird, kann derzeit nicht genau abgeschätzt werden; Vorteile werden jedoch eher den Großkunden zukommen.

Einerseits werden sehr empfindliche Geräte, wie etwa Computer, ans Netz angeschlossen und andererseits dieses mit Geräten der Leistungselektronik (Steuerung von Seilbahnen, Sparlampen etc.) stark belastet. Um ein einwandfreies Funktionieren aller Geräte zur Zufriedenheit der Kunden zu gewährleisten, wird in Zukunft der vorbeugenden Überprüfung und Überwachung der Netzt besondere Bedeutung zukommen.

Siehe auch

Quelle