Mönche als Führerautoren

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Ein Pater schrieb den ersten Wanderführer für das Gesäuse - Mönche als Führerautoren.

Allgemeines

Der Stiftsgeistliche Pater Thassilo Weymayr gab 1873 das erste Führerwerk des Admonttales und der umliegenden Berge heraus. An "Gebirgsparthien" beschrieb er allerdings nur vier Gipfel: Scheiblingstein, Kalbling, Sparafeld und an erster Stelle den Natterriegel: ... zwei Stellen erheischen Vorsicht und Freiheit von Schwindel. - Wer des Sonnenaufganges wegen den Natterriegel besteigt, kann in der Moseralm übernachten... Der bequemste Weg sei also der über Weng mit Übernachtung auf der Moseralm.

Geistliche Fernsicht

Bei Sonnenaufgang auf dem Gipfel zu stehen und die Aussicht zu genießen, das war bereits vor 120 Jahren der Inbegriff des Gipfelglücks. Und die Aussicht vom Natterriegel rühmte Weymayr als besonders schön:

Von allen Berggipfeln, welche Admont umgeben, bietet wohl der Natterriegel die herrlichste Aussicht.

Weymayr war Naturwissenschafter. Entsprechend genau, aber trocken zählte er alle sichtbaren Gipfel und Landschaften auf. Diese im 19. Jahrhundert für alle Führerautoren unerläßliche Beschreibung der Fernsicht soll hier unterbleiben. Als Wanderer hat man sicherlich genügend Orientierungsgefühl und eine gute Landkarte, um die Gipfel ringsum selbständig zu bestimmen.

Eine höchst originelle Beschreibung der Fernsicht vom Natteriegel will uns hier der Autor des Artikels, der Historiker Josef Hasitschka dagegen in voller Länge zur Verfügung stellen. Sie stammt von Weymayrs Mitbruder Pater Gregor Fuchs aus dem Jahre 1872. Man beachte dabei, dass der Gymnasialprofessor seinen Aufsatz zwar eine "geographische Skizze" nennt, aber als begeisterter Historiker immer wieder geschichtliche Bemerkungen einschiebt. So gelingt ihm beim folgenden Rundblick nur der Viertelkreis nach Norden, dann - beim (scheinbaren) Anblick der Donau - schweift er zu den Kelten ab und verzichtet auf dreiviertel der geographischen Beschreibung.

Wer über den himmelhohen Felsengewänden dieses Firstes steht, wie der Aar weit über Land und Menschenkinder hinblickend, dem woget hoch die Brust von wonnigen Gefühlen bestürmt. Aufgerollt wie ein Teppich, wie ein unendliches Meer, wo Welle an Welle sich kräuselt, liegt ihm in nördlicher Richtung das weite, herrliche Kronland Oesterreich zu Füssen. Hügel reihen sich an Hügel, und machen durch unmerkliche Abdachung der Ebene Platz. Hier fesseln dunkle Hochwälder das Auge, dort ergötzen es wogende Saaten, grüne Hügel und erfrischende Triften, und geleiten es bis über die rebenbekränzten Fluthen des alten Keltenstromes - der Donau. Ja selbst die blauen Umrisse der böhmischen Berge werden bei reiner Luft dem Auge zugänglich. Und das Drängen und Treiben entschwundener Geschlechter, die langen Züge wandernder Urvölker, die mächtigen Legionen der stolzen Roma, die dem Hochrücken Asiens wie Heuschreckenschwärme entstürzten Nomadenhorden, die avarischen Verheerungen, die magyarischen Mordzüge, Wehklagen und Jammergeheul im Gefolge, die kräftigen Germanen und Naturvölker der Vorzeit, - alle wandeln vor dem trunkenen Auge vorüber, warnend die sorglosen Enkel, dieses herrlichen Landes Freiheit zu hüten, wie einen kostbaren Perlenhort. Welch wimmelndes Drängen und Treiben, Schaffen und Wirken der bewegten Menschengeschlechter in naher und ferner Zeit da unten im Thale, - und welch majestätische Ruhe auf der Höhe der altersgrauen Bergriesen!

Quelle