Kuranstalt Wörschach

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Der hier beschriebene Betrieb oder die Einrichtung existiert in dieser Form nicht mehr. Dieser Beitrag beschreibt die Geschichte.
Die Kuranstalt in der Illustrierter Wegweiser durch die österreichischen Kurorte, Sommerfrischen und Winterstationen aus dem Jahr 1912.

Die Kuranstalt Wörschach ist ein nicht mehr bestehender Kurbetrieb in der Ennstaler Gemeinde Wörschach.

Geschichte

Von der Wirkungskraft der Heilquellen in Wörschach wusste man bereits seit urdenklichen Zeiten, jedenfalls aber ab dem 16. Jahrhundert. Dieses Wissen war auch noch in den Grundbüchern der Gemeinde nachzulesen, wo sich Mitte des 18. Jahrhunderts vom Schwebel Bad auf der so genannten Brandwiese berichtet wird. Dabei darf man sich aber kein Bad im heutigen Sinn vorstellen. Den Quellen von damals kann man entnehmen, dass die Kranken mühsam zu den Quellen gebracht werden mussten, die sich im Freien befanden. Manchmal konnte man ein Bad auch in einem benachbarten Bauernhof nehmen.

Dadurch hielt sich der Zustrom zu den Heilquellen in Grenzen. Erst in den 1830er-Jahren änderte sich dies grundlegend. Ausschlaggebend dafür wurde Joseph Rossmann. Rossmann war zunächst Bezirkskommissar in Rottenmann tätig. Am 12. Mai 1833 kaufte er von Franz Xaver Sprung die Grundherrschaft Wolkenstein und übernahm das Amt eines Bezirkskommissars von Wolkenstein. Damit war er zugleich auch als Orts- und Kriminalrichter sowie Vogteiverwalter mit Amtssitz in Irdning tätig.

Viele Untertanen der Grundherrschaft Wolkenstein wohnten im Ort Wörschach. Dadurch wurde Rossmann auf die dortigen schwefelhaltigen Quellen aufmerksam. Aufgrund seiner genaueren Nachforschungen erkannte er bald, dass die Vermarktung des Heilwassers wirtschaftlich interessant ist. Spätestens 1836 veröffentlichte Joseph Rossmann die Wiederauffindung der Mineralquellen. Als Erzherzog Johann von Österreich am 19. Februar 1836 durch das Ennstal reiste und in Gröbming an der Sitzung der Filiale der Landwirtschaftsgesellschaft teilnahm, war das heilkräftige Wasser ein Thema der örtlichen Vorträge. Darüber gibt es einen Tagebucheintrag des Erzherzogs:

"Ich erfuhr hier die Entdeckung reichlicher, kalter Schwefelquellen oberhalb Wörschach, welche sehr gut zum Badegebrauch seyn sollen."

Anlässlich dieser Sitzung äußerte der Erzherzog auch seine Meinung über Joseph Rossmann, den er als Beamten nicht sehr schätzte. Der Erzherzog war der Meinung, dass Rossmann als Bezirkskommissar von Rottenmann zu nachgiebig zu den Bauern gewesen wäre, sei er – so die Ansicht des Erzherzogs – als Grundherr von Wolkenstein ganz ausgewechselt und hätte aufgrund seiner nunmehr gezeigten Härte das Vertrauen der ländlichen Bevölkerung verloren.

Joseph Rossmann ließ sich von der Meinung seines Chefs nicht beirren und meldete die (Wieder)Entdeckung der Schwefelwässer dem Kreisamt Judenburg. Am Fuß des Wolkensteiner Burgberges ließ er die Quellen zusammenleiten und errichtete vier hölzerne Badehütten. Schon im ersten Jahr wurden mehrere hundert Bäder verabreicht.

Doch die sehr einfachen Verhältnisse konnte die wohlhabende Gästeschicht noch nicht nach Wörschach locken. Also ließ Joseph Rossmann die chemische Zusammensetzung der Quellen analysieren, um den Nachweis der Heilkraft des Wassers zu erbringen. Zu diesem Zweck holte Rossmann 1837 den renommierten Wissenschafter Anton Schrötter, Professor für Physik und Chemie am Joanneum in Graz, der bereits für eine Reihe von steirischen Säuerlingen und Thermalwässern Gutachten verfasst hatte. Dieser stellte bei den Wörschacher Quellen eine große Menge Schwefelwasserstoffgas und etwas freie Kohlensäure, an festen Bestandteilen kohlensaures Natron, kohlensaure Kalkerde, schwefelsaures Natron, Chlornatrium, etwas schwefelsaure Talkerde, einige Kalisalze und etwas Eisenoxydul fest. Insgesamt bescheinigte er dem Wasser gute Wirksamkeit als kräftiges, tonisch auflösendes Schwefelwasser.

Die Kuranstalt entsteht

Das für eine Kuranstalt benötigt Grundstück kaufte Rossmann am 22. April 1837 von Gottfried Sengsbratl vulgo Paulwirt um 120 swiki:Gulden<ef>Verlinkung(en) mit "swiki:" beginnend führen zu Artikeln im Salzburgwiki, dem Mutterwiki des EnnstalWiki </ref>, das der Grundherrschaft Gstatt untertänige "Ganserergütl" mit der Badehütte. Zwei Monate später, am 17. Juni 1837, kaufte seine Frau Maria Rossmann von Ferdinand Wagner die der Herrschaft Wolkenstein untertänige "Jägerkeusche" mit ihren zugehörigen Grundstücken um 1.600 Gulden. Maria Rossmann war aber nur an der Brandwiese mit den Schwefelquellen interessiert und verkaufte 1838 wieder alle übrigen Teile. Noch 1837 begannen Joseph und Maria Rossmann mit dem Bau des neuen Kurgebäudes, im Mai 1838 kamen sie um die Bewilligung zur Eröffnung ihrer Mineralbade-Anstalt beim Gubernium in Graz ein. Die Zustimmung der Behörden war eine reine Formsache. Denn die Qualität des Heilwassers stand außer Zweifel. Die Quellen waren ja auch längst bekannt und erprobt. Durch das neue Badehaus waren auch alle baulichen Voraussetzungen geschaffen worden. Mit 1. Juni 1838 wurde die Eröffnung des Kurbetriebes gestattet.

Die Kuranstalt Wörschach war am Fuße der Burgruine Wolkenstein auf dem Grund des "Ganserergütls" errichtet worden. Das Gebäude war in den Felsen hineingebaut worden und die Frontseite des Hauses war dem Wörschachbach nach Westen zugewandt. Sie bestand aus zwei miteinander verbundenen Gebäudeteilen: dem gemauerten Wohn- und Gasthaus und dem gezimmerten Badehaus. Beide waren durch ein Bretterdach bedeckt. Das Ehepaar Rossmann schien sehr bedacht auf Qualität gewesen zu sein. Die Schätzung des Gebäudes aus dem Jahr 1839 bewertete das Badehaus mit 2.400 Gulden, das Wohnhaus gar mit 3.500 Gulden. Zum Vergleich: die Schätzung des eigentlichen Bauerngutes ergab nur 180 Gulden.

Indikationen und Applikation

In erster Linie wurden die Schüttung der Mineralquellen als Bäder angewandt. In manchen Fällen wurde aber auch ergänzend damit eine Trinkkur verordnet. Dabei wurde das beste Trinkwasser direkt an der Quelle geschöpft und in eigene Sauerbrunnflaschen abgefüllt. So konnte es auch verschickt werden, jedoch hielt sich der Versand in bescheidenem Umfang.

So blieben also Vollbäder die einzige Anwendung (Applikation), denn Dusch- oder Dampfbäder waren in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch nicht bekannt und Badeschlamm wurde auch noch nicht genutzt.

In den 1840er-Jahren wurden vor allem bei Gichtkrankheiten, Hautausschlägen und Lähmungen durch Schlaganfälle gute Anwendungserfolge verzeichnet, wie Aussagen Rossmanns zu entnehmen ist.

Das Badehaus

Ein Teil der Schwefelquellen hatten ihre Schüttungen hoch über dem Tal in der Nähe des Gameringsteines. Diese mussten mittels hölzerner Röhren über rund zwei Kilometer zum Badehaus geleitet werden, wo das Heilwasser in einem großen Bassin hinter dem Badehaus gesammelt wurde. Die Temperatur der Schüttung (Quelltemperatur) betrug 15 bis 19 Grad Celsius und durch den Transport ins Tal wurde das Heilwasser noch weiter abgekühlt. Um es auf eine angenehme Temperatur für die (Bade)Kurgäste zu bringen, wurde das Schwefelwasser in einer eigenen Küche des Wohn- und Gasthauses mit Hilfe eines großen Kessels erhitzt und erst dann ins eigentliche Badehaus eingeleitet. Diese Methode der Erwärmung fand allerdings nicht den Beifall der Fachleute, da durch das Sieden des Mineralwassers wertvolle Inhaltsstoffe verloren gingen.

Das Badehaus bestand im Erdgeschoß aus einen großen Vorraum, über den man in das Geh- oder Kommunebad gelangte, in dem gemeinschaftlich gebadet wurde.In diesem Badebecken hatten zwischen 25 bis 30 Personen Platz. Nachdem Männer und Frauen in den zwei separierten Entkleidungskabinetten ihre Badebekleidung angelegt hatten, badeten sie dann aber gemeinsam.

Das Vollbad war am Vormittag von 07 bis 09 Uhr und am Nachmittag von 17 bis 19 Uhr geöffnet. Man nimmt an, dass das Badewasser zwischen den Badezeiten vollständig abgelassen, das Bassin gereinigt und anschließend wieder neu eingelassen wurde. Dies entsprach dem damaligen allgemein gültigen Standard in Kurorten. Neben diesem großen Vollbad bestanden in Wörschach noch Einrichtungen für Wannenbäder. Diese wurden in mehreren voneinander abgeteilten Badekabinette verabreicht – sieben waren es im Jahr 1840. In diesen Badekabinen saßen die Kurgäste in Holzwannen, die mit gewärmte Schwefelwasser gefüllt waren und konnten so ungestört die Badezeit genießen.

Ein Bad mit einfacher Wäsche kostete acht Kreuzer, ein Bad mit doppelter Wäsche 10 Kreuzer. Alternativ bestand die Möglichkeit, ein Abonnement für 21 Tage zum Preis von fünf Gulden zu erwerben, das täglich zwei Bäder inkludierte.

Das Wohn- und Gasthaus

Das einstöckige Wohn- und Gasthaus, das an das Badehaus angebaut war, bestand im Erdgeschoß aus einem gewölbten Kellerraum sowie zwei geräumigen Gastzimmern und zwei Küchen. Vier beheizbare und ein unbeheizbares Zimmer befanden sich im ersten Stock und im Dachgeschoß gab es weitere vier Kabinette.

Im ersten Stock des Badehauses waren auch Wohnmöglichkeiten zusammen. Insgesamt standen den Kurgästen dreizehn eingerichtete Zimmer zur Verfügung. Diese Kombination, Baden und Wohnen im gleichen Gebäude, war für kleinere Kuranstalten der damaligen Zeit zwar typisch, brachte jedoch Probleme mit sich. Denn der Wasserdampf drang in alle Räume, feuchte, modrige Räume waren oft die Folge.

Die Preise für die Gastzimmer variierte je nach Größe und Ausstattung zwischen sechs Kreuzer und 20 Kreuzer pro Tag. Dazu kamen noch die Kosten für Betten und Bettzeug, die in der einfachsten Ausführung ab 50 Kreuzer für 21 Tage zu haben waren. Für Rosshaarmatratzen, feines Leinenzeug und Federpolster musste man jedoch mehr als doppelt so viel bezahlen.

Maria Rossmann führte höchstpersönlich Aufsicht über Küche und Keller. Sie war um das leibliche Wohl der Gäste sehr bemüht. Damals war es überwiegend in Kurhotels üblich, dass sich die Gäste an einem Tisch versammelten und eine bestimmte Auswahl an Gerichten serviert bekamen. In Wörschach ging das aber nicht, da es zu wenige Personen waren und überdies waren diese zu sehr gemischten Standes und Vermögens. So wollte man sie nicht zu einer Gemeinschaft nötigen und jeder für sich nach der Karte. Badeführer rieten allerdings dazu, während einer Kur unbedingt diätetische Grundsätze einzuhalten. Schwarzer Kaffee, fettes Fleisch oder süße Mehlspeisen sollten gemieden werden, geistige Getränke waren absolut tabu. Dass diesen Grundsätzen nicht immer entsprochen wurde, lassen die großen Fässer im Keller des Kurhauses vermuten, in denen immerhin mehr als 4 000 Liter Wein Platz fanden.

Zahlen über den Kurbetrieb

1838 gab es in Wörschach 19 länger anwesende Kurgäste, an die 584 Bäder verabreicht wurden. Dazu kamen noch 658 weitere Bäder für Tagesgäste. 1839 waren es schon 30 Dauergäste, 1840 sank die Zahl wieder auf etwas über 20. Die Schuld gab man der nasskalten Witterung des Sommers. In den 1840er-Jahren pendelte sich die Zahl schließlich auf rund 30 bis 40 Besucher jährlich ein.

Die Organisation und Leitung der Anstalt hatte der Bezirkskommissar Rossmann selbst in die Hand genommen. Über seine Dienstadresse in Irdning nahm er schriftliche Anmeldungen für eine Kur entgegen. Die Kuren waren in je drei Wochen, beginnend mit Anfang Mai bis Ende September eingeteilt. Im Laufe der Zeit wurde aber diese strenge Einteilung, die zur besseren Auslastung der Zimmer führen sollte, aufgeweicht. Tatsache blieb es aber, dass im Winter kaum Kurbetrieb herrschte. Zwar gab es geheizte Zimmer im Gasthaus, doch ließ die Gemütlichkeit einer winterlichen Badereise im rauen Klima des Ennstales sicher zu wünschen übrig.

In Wörschach gab es zwar keinen eigenen Badearzt, sehr wohl aber hatte Rossmann einen eigenen Badechirurgen, nämlich über Joseph Hay, der zugleich Bezirkschirurg zu Trautenfels war und die fachliche Aufsicht über die verabreichten Bade- und Trinkkuren führte. Der nächste studierte Mediziner war der Physikus des Judenburger Kreises, die nächste Apotheke befand sich in Liezen.

Die weitere Geschichte der Kuranstalt

Das Revolutionsjahr 1848 brachte einige Veränderungen für Joseph Rossmann. Er wechselte als Bezirksrichter nach Schladming, führte aber anfangs trotzdem seine Kuranstalt Wörschach weiter. Doch am 4. Mai 1857 verkauften Maria und Joseph Rossmann das Badehaus mit all seinen Einrichtungsgegenständen und Wäschestücken, die Schwefelquellen auf der Brandwiese, den Frauenberger Hochwald samt der Ruine Wolkenstein und ein weiteres Bauerngut um 6.000 Gulden an Katharina und Josef Hörhager.

Hörhager blieben aber nicht lange Besitzer der Kuranstalt und verkauften sie weiter. In einer Beschreibung aus den 1880er-Jahren erscheint das Kurhaus im Wesentlichen unverändert. Aber Anzahl der Badekabinette hatte sich ebenso erhöht wie der Zustrom der Kurgäste. Etwa 100 Kurgäste pro Jahr waren es um 1911. Nach dieser Hochblüte des Schwefelbades zu Beginn des 20. Jahrhunderts begann jedoch das langsame Ende. 1993 wurde das Kurhaus abgebrochen.

Siehe auch

Weblink

  • ANNO, Ill. Fremden-Zeitung/Ill. österr. Alpenzeitung für Tirol, "Schwefelbad Wörschach im Ennstale", 1904

Quelle

  • Hammer-Luza, Elke: Die Kuranstalt Wörschach zur Zeit des Biedermeier in "Da schau her" Ausgabe 4/2012