Karfreitagsprozession in Schladming

Es gibt eine Beschreibung der Karfreitagprozession in Schladming aus dem Jahre 1671.

Einleitung

Im Dekanatsarchiv der Pfarre Haus im Ennstal befindet sich eine teilweise erhaltene Prozessionsordnung für eine Karfreitagsprozession in Schladming aus dem Jahre 1671. Dieses Schriftstück kann für die religiöse Volkskunde der Steiermark als besonders wertvoll bezeichnet werden, da Aufzeichnungen über Karfreitagsprozessionen aus dem Bereich des oberen Ennstales aus dieser Zeit bisher fehlten.

Wenn wir uns die Zeit, in der die Prozession in Schladming stattgefunden hat, vergegenwärtigen, so fällt der Wandel im religiösen Leben auf, der sich zu Beginn des 17. Jahrhunderts auch in der Steiermark vollzogen hat. Das Motiv des Leidens Christi tritt in der Kunst ebenso wie im Volksschauspiel und in der Volksfrömmigkeit stärker hervor. Die neue religiöse und geistige Situation, in der sich die Steiermark seit dem frühen 17. Jahrhundert befand, kam im Bereich der Bergstadt Schladmings besonders zur Geltung. Nach einer tiefgreifenden Entwicklung des Protestantismus, der schon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts vor allem in Schladming, auf der Ramsau und am Rohrmoos Fuß gefasst hatte, setzte unter dem Seckauer Bischof Martin Brenner an der Wende zum 17. Jahrhundert eine großangelegte Rekatholisierung des Landes ein. Ein Großteil der Bevölkerung war aber nicht gewillt, sich wieder zum katholischen Glauben zu bekennen, obwohl von kirchlicher Seite mit massiven Druckmitteln gegen glaubensverdächtige Personen vorgegangen wurde. Es entwickelte sich der Geheimprotestantismus, der bis zur Erlassung des Toleranzpatentes durch Kaiser Joseph II. bestehen blieb.

Neben den Bestrebungen zur Bekämpfung des Protestantismus ließen sich auch innerhalb der katholischen Kirche Neuerungsmaßnahmen feststellen und das Wiedererstarken des alten Glaubens fand seinen Ausdruck im verstärkten Zurschaustellen katholischer Aktivitäten. Die Zeit der sogenannten Gegenreformation strahlte auch noch auf die folgenden Jahrzehnte aus.

Die Beschreibung

Die Schladminger Karfreitagsprozession ist somit einer Zeit zuzuordnen, in der sich nach der Wiedereinführung des katholischen Glaubens das Prozessionswesen als Zeichen barocker Volksfrömmigkeit besonders stark entfaltete.

Die Schladminger Prozessionsordnung enthält die Darstellung der Leidensgeschichte Christi beginnend mit der Ölbergszene bis zur Geißelung. Zu diesen Gruppen kommen noch zwei Motive aus dem Alten Testament – Judith mit dem Holoferneshaupt und der Dulder Job. Judith galt als Vorbild Mariens und Job verkörperte in seiner Sinngebung die Passion und denTriumph Christi.

Wie schon erwähnt handelt es sich bei der im Hauser Dekanatsarchiv verwahrten Schladminger Prozessionsordnung um ein Fragment, aus dem nicht ersichtlich ist, ob die Reihe der dargestellten Szenen mit der symbolhaften Kreuzigung Christi abgeschlossen wurde.

Da in der Schladminger Prozessionsordnung auch Laternen- und Fackelträger vermerkt sind, ist es anzunehmen, dass der Umzug in den Abend- oder Nachtstunden des Karfreitags tattfand.

Auch über die Zahl der Teilnehmer an der Prozession kann man nur allgemeine Rückschlüsse ziehen, da in dem Schriftstück keine konkreten Hinweise hiefür gegeben sind. Allerdings lässt sich die Teilnehmerzahl weitgehend rekonstruieren, wenn man einerseits auf Grund der im vorhandenen Teil der Prozessionsordnung die angegebene Zahl der Darsteller mit 60 annimmt und diese um die uns nicht bekannten Gruppen in der Personenzahl erhöht, ergibt sich eine Gesamtzahl von ungefähr 150 bis 200 Mitwirkenden.

Da Schladming um die Mitte des 17. Jahrhunderts doch ein verhältnismäßig kleiner Markt war ist es naheliegend, dass die Teilnehmer an der Karfreitagsprozession nicht nur aus Schladming stammten, sondern wahrscheinlich auch aus Pichl an der Enns, Haus und Assach kamen, jenen Orten, die zur damaligen Zeit ebenso wie Schladming zur Hauptpfarre Haus gehörten.

Über den Ursprung der Schladminger Karfreitagsprozession lassen sich nur Vermutungen anstellen. Es wäre aber möglich, dass die Kapuziner die Prozession einführten, da 1629 in Radstadt eine Niederlassung dieses Ordens gegründet wurde und Angehörige dieses Ordens ebenso wie Jesuiten, Dominikaner und Franziskaner häufig als Initiatoren von ähnlichen Prozessionen genannt werden.

Im Zusammenhang mit der Frage nach dem Ursprung der Schladminger Prozession soll aber nicht unerwähnt bleiben, dass noch bis zur Jahrhundertwende eine Nachtprozession jeweils am Abend des Karfreitags stattfand, die von der katholischen Kirche in Schladming zu einer am westlichen Stadtrand befindlichen Kapelle führte. In dieser Wegkapelle- vor dem ehemaligen "Armenhaus" befindet sich neben jüngerem Zierat eine frühbarocke Statue des gegeisselten Heilands.

Aus mündlicher Überlieferung ist es noch bekannt, dass während der Prozession der Rosenkranz gebetet und Lieder gesungen wurden. Obwohl schriftliche Aufzeichnungen bisher nicht gefunden werden konnten, wäre es möglich, dass historische Zusammenhänge zwischen der Karfreitagsprozession von 1671 und der Prozession zur Wegkapelle westlich von Schladming bestehen.

Eine ausführliche Beschreibung der Karfreitagsprozession in Schladming aus dem Jahre 1671 verfasste auch Dr. Roswitha Orac-Stipperger in der Österr. Zeitschrift für Volkskunde Bd. XXXIII, Heft 2, Wien 1979.

Quelle