Der bäuerliche Hausgarten des Stadtmuseums Schladming

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Der bäuerliche Hausgarten des Stadtmuseums Schladming befindet sich am Freigelände des Schladminger Stadtmuseums.

Einleitung

Der Hausgarten im ländlichen Bereich - und dazu muss man auch den alten Bergbaumarkt Schladming im 17. bis 19. Jahrhundert zählen - war wie das gesamte Leben im Laufe der Zeit verschiedenen Veränderungen unterworfen. Viele Schladminger, wie alte Photografien selbst vom Bereich des Hauptplatzes zeigen, betrieben – zumindest für den Eigenbedarf – Viehzucht und besaßen auch außerhalb der geschlossenen Siedlung zum Teil Ackerland. So waren die Hausgärten vor allem dem Anbau von Würz- und Heilkräutern, wenigen Wurzelgemüsen und Salaten, sowie Schnittblumen für den Raum- und Grabschmuck vorbehalten. Einige Beerensträucher kultivierte man auch im Hausgarten.

Da die Gewürzkräuter, Gemüse und Salate für den täglichen Bedarf in der Küche bestimmt waren, bezeichnete man die kleinen hausnahen Gärten auch als "Kuchelgarten". Dieser Benennung begegnet man immer wieder in den alten Nachlassinventaren. Kraut und Kartoffel, die in größerer Menge benötigten Produkte baute man auf den Ackerflächen an, wie die Bezeichnung "Kartoffelacker" und "Krauteacker" zeigen.

Der bäuerliche Hausgarten des Stadtmuseums Schladming

Aus diesen historisch überlieferten Gegebenheiten dürfen wir schließen, dass ein oder mehrere dieser Hausgärten auch auf dem Grundstück des Bruderladenhauses bestanden haben,verbrachten in dem Haus doch Witwen von Bergknappen - oft mit ihren Kindern - den Rest ihres Lebens und wurden alte und kranke Knappen hier gepflegt und verköstigt.

Die Anlage des Hausgartens zeigt in der gesamten Steiermark und auch in den angrenzenden Bundesländern, große Übereinstimmung, die Bepflanzung hingegen ist regional verschieden. Dabei besteht deutlich eine Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren. Erstens spielten die Witterung und das Klima eine wesentliche Rolle. Frostempfindliche Pflanzen, die überdies eine fange Vegetationsperiode benötigen, lassen sich im Ennstalbereich kaum kultivieren. Zweitens bewirken auch verschiedene Ernährungsgewohnheiten eine Anpassung in der Anpflanzung und Vielfalt der Gartengewächse, vor allem auch der Würzkräuter und drittens haben diese unterschiedlichen Ernährungsgewohnheiten oft auch ethnische Gründe durch Zuwanderung von Angehörigen anderer Volksgruppen, besonders in Grenzgebieten. Im Schladminger Bruderhaus könnte dieser Faktor unter Umständen wirksam geworden sein, waren doch viele Knappen als wandernde Bergleute aus den bundesdeutschen und böhmischen Bergbaugebieten zugezogen. Allerdings war dies eher im 16. Jahrhundert und früher der Fall. In den letzten drei Jahrhunderten müssen wir uns die im Schladminger Bergbaubetrieb tätigen Knappen zum Großteil als Nebenerwerbslandwirte im heutigen Sinn vorstellen, die aus der Gegend selbst stammten.

Die geringe für die Anlage zur Verfügung stehende Fläche bietet im Garten beim Schladminger Stadtmuseum nur Platz für eine kleine Auswahl von typischen Gewächsen des Hausgartens.

Der Zaun, ursprünglich nur Schutz gegen Hühner und andere Kleintiere, sowie auf dem freien Land gegen Wild, bestand im einfachsten Fall aus, nebeneinander in den Boden gerammten Stäben, starken Ästen, Latten oder Kanthölzern ohne Querverbindung. Daneben ist auf alten Bildern aus dem 19. Jahrhundert auch schon die heutige Zaunform mit den Querverbindungen zu sehen. Maschendrahtzäune oder die als Meterware käuflichen "Jägerzäune" sind jüngeren Datums. Der Zaun um den Garten beim Bruderhaus entspricht allerdings nicht dieser Form, da er aus vorhandenen Altholzbrettern hergestellt werden musste.

Die Beete waren in vielen Gärten gleich angelegt. In einem rundumlaufenden Randbeet von ca. 60 cm Breite wurden Blumen, Heilpflanzen oder Gewürzkräuter angepflanzt. Links und rechts von einem Mittelweg waren - jenach der Größe des Gartens – drei oder mehrere Einzelbeete. Das Randbeet und die Mittelbeete fasste man gern mit kleinen Würzkräutern oder niedrigen Blumen wie Pfingstnelken oder Vergissmeinnicht ein. Stiefmütterchen und andere Polsterpflanzen wie Phlox oder Aubrietien sind erst ab der Jahrhundertwende in den Hausgärten eingezogen.

Die Bepflanzung des bäuerlichen Hausgartens beim Bruderladenhaus soll vor allem an Heil- und Würzpflanzen erinnern die schon fast in Vergessenheit geraten sind, zum Teil aber heute wieder eine Renaissance erleben und als Tee, Badezusatz, Füllung für Kräuterkissen, Salbenextrakt oder auch in anderer Form Verwendung finden.

Dabei wurde nicht vergessen in den zur Erklärung verfassten und an die Besucher ausgegebenen Begleitheften auf die Gefahren einer Überdosierung dieser natürlichen Mittel hinzuweisen, die zum Teil erst im Laufe der Zeit nach bösen Erfahrungen erkannt wurden. Eine dieser Pflanzen ist zum Beispiel der allseits bekannte, wenn auch wegen seiner Bitterkeit nicht immer beliebte Wermut (Artemisia Absinthium). In Teemischungen oder als Wermuttee genossen ist dieses chon den alten Ägyptern bekannte Pflanze ein gutes Mittel Verdauungsstörungen zu beheben, die auf zu geringe Magensäureproduktion zurückzuführen sind. Als jedoch um die Mitte des vorigen Jahrhunderts in Frankreich der aus Algerien stammende "Absinthlikör" immer stärkere Verbreitung fand, häuften sich Vergiftungserscheinungen durch die neben den Bitterstoffen im Wermut vorhandenen Giftstoffe. Diese Vergiftungen führten schließlich zu einem totalen Verbot des Likörs. Selbst den Wermuttee soll man nur in geringer Menge - eine Tasse auf den ganzen Tag verteilt - genießen. Nicht ungefährlich ist auch die Weinraute (Ruta graveolens), ein heute schon vergessenes Würz- und Heilkraut, das in jüngster Zeit wieder vor allem in der Homöopathie Verwendung findet. In Wein angesetzt wurde es früher gegen verschiedene Leiden eingenommen, wie Appetitlosigkeit, Rheuma und andere Gelenksschmerzen. In kleineren Mengen würzt die Pflanze durch ihren starken Geschmack sicher verschiedene Salate und Fleischgerichte, doch ist größte Vorsicht in der Schwangerschaft geboten.

Wenig bekannt ist heute die Wirkung mancher im Alltag verwendeter Würzkräuter. So ist die Gicht – eine verbreitete Stoffwechselkrankheit – z. B. durch Sellerie zu beeinflussen. Selbst die heute schon als Volkskrankheit geltenden Erscheinungen des reuhmatischen Komplexes sind durch verschiedene Kräuter positiv beeinflussbar.

Gestaltung des bäuerlichen Hausgartens

Die Gestaltung des bäuerlichen Hausgartens war in unserem Fall von drei Faktoren abhängig:
1. Von den räumlichen Gegebenheiten. Wie schon erwähnt stand auf dem Wiesengrund hinter dem Schladminger Stadtmuseum nur ein beschränktes Areal zur Verfügung.
2. Sind heute die ursprünglichen Sorten und Rassen unserer Kultur- und Zierpflanzen kaum mehr zu finden. An ihrer Stelle traten durch künstliche Beeinflussung der Erbmasse veränderte Pflanzen, wie z. B. durch Polyploidie (Vermehrung des Chromosomensatzes) Zierpflanzen und Gemüse mit vergrößerten Blättern, größeren Früchten, wie wir e heute z. B. bei Stiefmütterchen beobachten können. Im Schladminger Bauerngarten werden diese Veränderungen vor allem beim Sadebaum, beim Rittersporn und bei den Rosensorten deutlich.
3. Ergab sich die Frage, wie soll das Areal zugänglich gemacht werden. Da es für größere Gruppen unmöglich ist den Garten zu begehen, wurde der Entschluss gefasst durch Nummerntafeln die bemerkenswerten Pflanzen zu markieren. Im Museum erhält der interessierte Besucher eine Erläuterungsschrift mit deren Hilfe er sich im bäuerlichen Hausgarten des schladminger Stadtmuseums orientieren kann. Sollten spezielle Führungen gewünscht werden, so sind sie in den Monaten Juli, August und September nach Voranmeldung im Museum möglich.

Quelle