Bergbaupatrone

Aus EnnstalWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Eine Statue der Heiligen Barbara im Stadtmuseum Schladming, dargestellt mit ihren Attributen Turm und Kelch

Die Heiligenverehrung nimmt im religiösen Leben der Berg- und Hüttenmänner einen breiten Raum ein. Barbara und Daniel stellen - neben zahlreichen anderen - die populärsten Schutzpatrone im Bergbaubereich dar, da sie sämtliche Hilfs- und Schutzmöglichkeiten repräsentieren, die sich die Bergleute erhofften und erbaten.

Bräuche der Bergleute

Das gemeinsame Arbeiten ließ eine spezifische Form des sozialen Verhaltens unter den Kameraden und eine starke Zusammengehörigkeit entstehen, die sich auch auf vielen anderen Ebenen offenbarte. Bergleute galten als die ersten Arbeiter, die in großen Mannschaften zusammengefasst waren. Diese Arbeitsgemeinschaften stellten meist auch Lebensgemeinschaften dar, innerhalb derer sich völlig eigenständige Formen von Geselligkeit entwickelten. Zahlreiche Feste und Feiern, die aus dem Berufsstand der Bergleute hervorgingen, bestimmten in ehemaligen Bergbaugebieten wesentlich das Brauchgeschehen. Die Herausbildung von Bergmannstrachten und einer eigenen Berufssprache (der Bergmannsgruß Glück auf), Bergmannslieder als Ausdruck des Berufsstandes aber auch die Entstehung von Knappenkapellen und speziellen Knappentänzen, wie z. B. Reiftänzen und Schwerttänzen, lassen auf ein ausgeprägtes Gruppenbewusstsein schließen.

Die Arbeit der Bergleute rund um Erschließung und Gewinnung der Bodenschätze barg ein ständiges Risiko. Die Unberechenbarkeit der Naturmächte forderte stete Aufmerksamkeit während der Arbeitsschichten und technische Kenntnisse zur Bewältigung der gestellten Aufgaben. Die Heiligenverehrung stellt somit auch einen zentralen Punkt im Leben der Berg- und Hüttenmänner dar. Barbara und Daniel sind hier als erste zu nennen, sie stellen die populärsten Schutzpatrone dar. Sie unterschieden sich jedoch in ihrer Typik und geschichtlichen Ausformung sehr, treten aber fallweise sogar miteinander oder nebeneinander auf:

Hl. Barbara

Die Verehrung der hl. Barbara als deren bevorzugte Schutzpatronin hat für die Berufsgemeinschaft der Bergleute spezielle Bedeutung. Die Heilige wurde mit eigenen Zügen ausgestattet und ihre Gestalt von unterschiedlichen Seiten ausgehend mit der Arbeitswelt des Bergbaus verknüpft. Der Gedenktag, der Barbaratag am 4. Dezember sowie Feste, Lieder, Gedichte, Erzählungen, Schauspiele und zahlreiche bildliche und plastische Darstellungen zeugen von der Vielfalt bergmännischer Ausschmückung ihrer Schutzpatronin. Eine Reihe von Altären, Bildern und Skulpturen in den Kirchen und Kapellen des Bezirkes Liezen zeugt von der Verehrung der Heiligen.

Als Jungfrau und Märtyrerin zählt Barbara zu den 14 Nothelfern und bildet mit Margaretha und Katharina die weibliche Dreiergruppe. Der Legende nach hielt sie ihr Vater, ein angesehener Heide in Syrien, in einem Turm verborgen, um sie vor christlichen Einflüssen zu bewahren. Trotz der Vorkehrungen des eifersüchtigen Vaters wurde Barbara Christin, was ihr die Klage und Bestrafung durch ihren Vater einbrachte. Sie konnte noch entfliehen und fand Zuflucht in einem Fels, der sich vor ihr öffnete, wurde aber verraten und kam ins Gefängnis. Trotz Marterung blieb sie bei ihrem Glauben. Sie wurde vom eigenen Vater enthauptet und er wurde dafür zur Strafe vom Blitz erschlagen.

Das Schutzpatronat für den Bergbau begründet sich aus dem zufluchtspendenden Felsen. Die Attribute der Heiligen sind vorwiegend Turm und Schwert, öfters auch ein Kelch, da die Legende auch berichtet, sie hätte in ihrer Todesstunde Gott gebeten, er möge allen Sterbenden, die sie anrufen, wie ihr die Gnade der Kommunion erweisen. Gelegentlich kommt in der bildlichen Darstellung noch der Blitz vor, der Barbaras Vater tötete. Die Nothelferin als Bewahrerin vor jähem und unvorhergesehenem Tod, als Spenderin des letzten Sakramentes schien als Schutzpatron für die gefahrvolle Arbeit der Bergleute besonders geeignet. Ebenso gilt Barbara als Schützerin vor Blitzschlag, vor Brand und Feuer und als Abwehrheilige gegen Verletzungen bei Sprengarbeiten.

Am Barbaratag wurde bis ins 20. Jahrhundert im Bergbau aus religiösen Gründen nicht gearbeitet, die Arbeiter glaubten an ein hereinbrechendes Unglück bzw. an Bestrafung durch die Heilige. Das Gebot, in der Grube nicht pfeifen zu dürfen, führt auf die Barbaralegende zurück, weil Barbara durch einen Pfiff verraten wurde.

Heute finden die Barbarafeiern an einem Wochenende vor oder nach dem Namenstag der Heiligen statt.

Hl. Daniel

Der hl. Daniel ist im Bezirk Liezen nur durch wenige Zeugnisse belegbar, wie z. B. dem Fresko in der Rupertikirche, der katholischen Kirche in Ramsau am Dachstein im Ortsteil Kulm. 1618 ersuchten die Schladminger den Landesfürsten, neben dem bekannten Bergknappen auch das Zeichen St. Daniel in lang prophetischen Mantel in ihr Siegel aufnehmen zu dürfen. Bis Ende des 19. Jahrhunderts führten die Bergleute von Schladming Fahnen mit den Bildern der hl. Barbara und des hl. Daniel, wie heute z. B. in Eisenerz und anderen Bergbauorten.

Die Bedeutung Daniels in der bergmännischen Religiosität geht auf die Bibelüberlieferung, auf den Bericht über einen der vier großen Propheten des Alten Testamentes zurück. Neben dem Aufenthalt in der Löwengrube ist er durch seine Traumdeutungen mit dem Bergbau verbunden. Zwei Erlebnisse sind von besonderer Bedeutung: Der Traum Nebukadnezars von einer Statue aus vier Metallen (Gold, Silber, Kupfer und Eisen), die durch einen Stein zu Fall kommt. Daniel erklärt dem König den Traum mit der Abfolge von vier Weltreichen, deren Glanz und Wert, analog zu den vier Metallen, von Stufe zu Stufe absinkt. Daneben die Vision einer himmlischen Erscheinung, deren Arme und Füße wie helles, glattes Erz waren, die auf das Kommen des Messias hindeutete. So erhielt Daniel den Ruf eines Metallkundigen.

Daniel wurde im Traum verheißen, er werde im Gezweig eines Baumes ein Nest mit goldenen und silbernen Eiern finden. Er entdeckt den Baum, klettert hinauf in die Krone, findet aber nichts, ein Engel verweist ihn auf das Gezweig unter der Erde, die Wurzeln. Beim Nachgraben findet sich ein Erzlager (Nest = Fachbezeichnung für eine bestimmte Form mineralischer Lagerstätten). Dieser Fundgeschichte liegt die Verehrung des hl. Daniels als Entdecker des Bergbaues und als Lehrmeister beim Suchen und Finden von Erzen zugrunde.

Die kennzeichnenden Attribute sind die Erzstufe aber auch die bergmännischen Werkzeuge Schlägel und/oder Eisen. Eine Prophetenrolle, ein Buch oder ein Löwe können als biblische Bezugspunkte dazukommen.

Weitere Patrone der Berg- und Hüttenmänner

Neben Barbara und Daniel gibt es viele andere Heilige, die von Berg- und Hüttenmännern verehrt wurden. Die Verehrung der hl. Anna etwa erstreckte sich vor allem über Silberabbaugebiete. Im Annastollen im Rohrmooser im Obertal, der in den Obertalbach mündet wurde vor allem nach Silber und Blei geschürft, heute ist dieser Schaustollen noch im Rahmen von Führungen begehbar. Anna gewann als Mutter Marias ihre sakrale Position. Maria wurde oft verglichen mit dem Mond (= Silber) und Jesus mit der Sonne (= Gold), dessen Licht auf beide ausstrahlt. Als man nach der Herkunft von Silber und Gold forschte, wurde Anna zu einem Bergwerk, aus dem die edlen Metalle hervorgehen. Dargestellt wird sie häufig mit Sankt Joachim, ihrem Gemahl und Vater Marias.

Bei im Salzbergwerk Tätigen genoss der hl. Rupertus (siehe swiki:Rupert von Worms) Verehrung und er trägt als erster Bischof von Salzburg ein Salzfass als Attribut in der Hand.

In einigen Gebieten galt der hl. Antonius galt als Schutzherr der Erzsucher. Der hl. Wolfgang (siehe swiki:Wolfgang von Regensburg) wurde durch seine Attribute Beil oder Axt, die für alle Holzarbeiten unentbehrlichen Gebrauchswerkzeuge, zum Bergbauheiligen. In der bergmännischen Arbeitswelt erfuhr das Rad der hl. Katharina eine Umdeutung als Schaufelrad der Erzmühle. Die Seilwinde des hl. Erasmus sah man als Symbol des Haspels, eines wichtigen Fördergerätes im Bergbau.

Da sehr früh Formen der organisierten Wohltätigkeit in das soziale System der Knappen Eingang fanden, wurde die hl. Elisabeth verehrt, obwohl sie keine bergmännische Berufspatronin ist. Dem hl. Laurentius mit dem Namenstag am 10. August sind eine Anzahl von alten Kirchen geweiht. Sein Patronat gegen Brandwunden und Feuersgefahr begründet sich in der Art seines Martyriums; er wurde auf einem glühenden Rost gemartert. In der katholischen Pfarrkirche St. Martin am Grimming befindet sich ein Relief des hl. Laurentius, entstanden um 1515, aus der Werkstatt des Lienhart Asti.

Der hl. Nikolaus führt als Symbol häufig drei goldene Kugeln mit sich, nach der Legende eine heimliche Geldspende, die drei armen Mädchen die Heirat ermöglichte. Diese lassen auf eine sekundäre Verbindung zum Edelmetallbergbau schließen. Nikolaus wurde von den Bergleuten auch zum Schutz gegen die verheerenden Wassereinbrüche in die Gruben angerufen.

Quelle