FIS Alpine Ski WM 2013: Schladming - von der netten Kleinstadt zur WM-Stadt mit Bausünden

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im Stadtgebiet von Schladming während der Ski WM 2013 aufgestellte "Ortsschilder": "home of quattro", weil Audi einer der acht großen Sponsoren der WM ist

Rosemarie Schwaiger vom österreichischen Nachrichtenmagazin "Profil" beschreibt in ihrem online-Artikel vom 19. Jänner 2013 den Wandel Schladming - von der netten Kleinstadt zur WM-Stadt mit Bausünden.

Beispiel Gästehaus Waschl in Schladming

die Lage des Gästehauses Waschl (links im Bild): rechts die Tribünenaufgänge und ganz links die Platzhirsch-Bar

Schwaiger wirft einen Blick auf die Seite des Gästehauses Waschl im Internet[1], wo neben einem Bild, das einen kleinen beschaulichen Bau zeigt, zu lesen steht Nichtraucherhaus in Bestlage! und Direkt an der Planai Talstation gelegen. Das Haus macht auf Schwaiger einen angenehmen Eindruck und sie begab sich zu einem Lokalaugenschein. Im Haus fand sie auch alles so vor, wie es Bild und die wenigen Zeilen im Internet versprechen. Doch, so meint die Journalistin, einen angenehmen Urlaub könne man in diesem Haus wohl nur dann verbringen, wenn man die Umgebung ausblenden könne.

Fast Wand an Wand steht nämlich das Gästehaus Waschl auf einer einen Seite an der Bar "Platzhirsch-Alm" an, wo es Freiluftbetrieb gibt. Auf der anderen Seite des Hauses erhebt sich das aQi Hotel Schladming, das zum deutschen Touristikunternehmen Touristik Union International (TUI) gehört. Nur wenige Meter etwas links vor dem Gästehaus werden im Après-Ski- und Disko-Imperium "Hohenhaus-Tenne" fast rund um die Uhr Gäste bewirtet, die gerne auch einmal mehr trinken als nur viel Schaut man aus den Fenstern des Gästeshauses erblickt man die nüchtern blau-grün schimmernden Glasfassade der Planai-Talstation Planet Planai. Doch vor der Alpinen Ski-WM 2013 ist ein Blick aus den Fenstern sowieso nicht angebracht, da sich unmittelbar vor dem Garten des Hauses die etwa 15 Meter hohe Zuschauertribüne des WM-Zielstadions erhebt und gemeinsam mit der Dunkelheit der Jahreszeit seit Dezember im Gästehaus Waschl es nicht mehr richtig taghell werden lässt.

Die beste WM aller Zeiten, vom schönsten Veranstaltungsort war nie die Rede gewesen

Jesus Christus versus Audi inmitten der Bergstadt Schladming

Schwaiger vertieft sich in ihrem Artikel dann in Bauten im Bereich der Planet-Planai-Talstation. Sie stellt fest, dass Schladming von einer netten, unauffälligen Kleinstadt mit ein paar üblichen Bausünden mittlerweile eine stellenweise bizarre Sehenswürdigkeit[2] wurde. Sie prangert an, dass das vierstöckige Parkhaus neben den Planai-Bahnen vierstöckiges Parkhaus mitten in die Landschaft zu klotzen von beachtlicher ästhetischer Brutalität[2] zeugt. Und beschreibt einen daneben stehenden, gleich hohen Kletterturm des Tauernhofs Austria, der laut Eigendefinition ein christliches Freizeithaus in traditioneller Bauweise ist. Am im vergangenen Sommer errichteten Kletterturm lässt sich auf dessen Plattform lesen: "Jesus Christus. Der Weg, die Wahrheit, das Leben." Daneben eine überdimensionale Audi-Werbung auf der Parkgarage.

Werner Handlos, der im Bereich der Talstation eine Pension betrieb, erzählt Schwaiger, dass die Gegend um den Zielhang der Planai bis vor wenigen Jahren noch eine ganz normale Wohngegend war. Aber mittlerweile waren Bautätigkeiten und Betonbauten auch für die Einheimischen zu viel und die meisten zogen weg. So hatte auch Handlos 2011 sein Haus verkauft. Er meinte im Gespräch mit Schwaiger, dass die WM 2013 eine große Möglichkeit für Schladming gewesen wäre, nicht in Masse, sondern in Klasse zu investieren. Aber von den Erwartungen in Hotelneubauten ist auch nicht viel übrig geblieben[3]. Handlos schildert auch, wie Skifans beim Nightrace, das ja zum Weltcup (WC) zählt, mitunter in seine Pension stürmten, und in Ermangelung des raschen Auffindens der Toiletten sich in der Küche in einem Eck erleichterten. Für Schwaiger eine neue Definition der Weltcup-(WC)-Rennen.

Nachhaltigkeit, ein Unwort?

Auch Franz Mandl, 59-Jähriger Umweltschützer, Alpinforscher aus Leidenschaft, Autor zahlreicher Bücher und Gründer des privaten Vereins Anisa besuchte Schwaiger. Mandl ist zwar im Nachbarort Haus zu Hause, jedoch hat weder er mit dem Treiben in Schladming Freude, noch wuchs sein Freundeskreis in Schladming durch seine kritischen Stellungsnahmen. So stört Mandl, dass stets von einer ökologisch nachhaltigen WM die Rede ist. ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel meinte auf die Frage in einem Interview im Der Standard, was für ihn Nachhaltig sei, wenn er eine Fliege erschlage, dann ist sie nachhaltig tot[4]. Mandl ist der Meinung, dass mit den Subventionen, die nur für die WM nach Schladming geflossen sind, eine künstliche Wirtschaft hochgepuscht werde, die sich selbst aber nicht tragen wird. Und er führt an, was alles immer noch der Stadt Schladming an üblichen Einrichtungen eines Fremdenverkehrsort fehlt: es gibt kein Buchgeschäft, kein Kino und kein Haubenlokal – aber 4 300 Gästebetten und 4 000 Pkw-Parkplätze.

Abschließend schildert Schwaiger noch ein Gespräch mit Hermann Gruber, Tourismuschef der Urlaubsregion Schladming-Dachstein. Dieser meint, dass in diesem Winter (2012/13) sicher weniger Geschäft in Schladming mit Urlaubern sein werde. Normale Gäste kommen nicht in dieser Zeit (Anm. die ersten beiden Februarwochen sind die beiden Energieferienwochen in Österreich). Und der Tross rund um die Ski WM konsumiere nicht wie gewöhnliche Touristen, sondern suchen bevorzugt die VIP-Zelte auf. So rechnet Gruber allein nur aufgrund der vielen Einzelbelegungen von Zimmern (die sonst mit zwei oder drei Personen belegt wären) um 50 000 Nächtigungen weniger als in den Vorjahren. Aber, so Gruber, der positive Effekt werde dann in den nächsten Jahren spürbar werden und er hofft auf ein jährliches Nächtigungsplus zwischen fünf und zehn Prozent.

Zum Vorwurf, die Bauten rund um Planet Planai seien für die künftigen Winter überdimensioniert wirken könnte, meint Gruber, dass dem nicht so sei und Gruber weiter, der Gast schätze ja hauptsächliche Idylle und Authentizität in seiner Unterkunft und "wenn es es ums Skifahren geht, kann es gar nicht modern genug sein."[2].

Quellen und Einzelnachweise

  1. Quelle www.schladming-dachstein.at
  2. 2,0 2,1 2,2 Zitat Quelle
  3. vergleiche Alpine Ski WM 2013: Ein Monat vor der WM - 4-Sterne-Hotelvermarktung der Lidl-Lebensmittelsupermarktkette
  4. Interview siehe Quelle derstandard.at abgefragt am 19. Jänner 2013